Selten ist ein amerikanischer Präsident so gedemütigt worden wie Barack Obama beim G-20-Treffen im chinesischen Hangzhou. Die westliche Welt hat davon kaum Kenntnis genommen. In Asien wurden die Vorgänge hingegen aufmerksam verfolgt. Denn sie sind Teil des Ansehens- und Gewichtsverlusts, den die USA im pazifischen Raum seit Monaten erleben.
Die Provokation begann schon bei der Ankunft auf dem Flugplatz von Hangzhou. Es fehlte der übliche rote Teppich. Sie setzte sich im Empfangsgebäude in einem lautstarken Krach zwischen den Gastgebern und der US-Delegation – in Gegenwart des Präsidenten – fort.
Draußen ließen Demonstranten ihren Aversionen freien Lauf. „Wer uns zu kritisieren wagt, über den entlädt sich der Zorn der Chinesen“. Amerika schwieg – auch publizistisch – peinlich berührt. Doch die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua verbreitete die Vorgänge und den Inhalt der völlig ergebnislosen politischen Gespräche zwischen Obama und Staatspräsident Xi Jinping in allen Einzelheiten.
Politisch gab es für Obama nach der Darstellung von Xinhua nur Abfuhren. Der Präsident hat dem nicht widersprochen. China sei zu keinerlei Konzessionen im Streit um seine extremen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer bereit. Es betrachte Menschenrechtsdiskussionen als Einmischung in innere Angelegenheiten und werde im koreanischen Konflikt nicht tätig werden.
Im Übrigen erneuerte China seine Ansprüche auf die Rückgliederung Taiwans. Laut Xinhua sagte Xi, seine Regierung werde „alle Formen von taiwanischer Unabhängigkeit unterbinden“. Das nach mehr als einem halben Jahrhundert taiwanischer De-Facto-Eigenständigkeit unter US-Schutz.
Fazit: Hangzhou war ein verbaler Einschüchterungsversuch, der den Ernst der Scheinangriffe chinesischer Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe im Südchinesischen Meer unterstreicht. China geht, getrieben von Großmachtstreben, Konflikten nicht mehr aus dem Wege und führt das seinen asiatischen Nachbarn nachdrücklich vor Augen.