Software bestimmt die Entwicklung der Wirtschaft
Der Subventionswettlauf um neue Chipfabriken hat 2021 den Blick dafür verstellt, welcher Bereich eigentlich die größte Bedeutung in den nächsten Jahren haben wird: die Software. Mehrere Faktoren führen dazu, dass Software die Hardware hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung immer weiter überflügelt.
Software übernimmt Funktionen, die bisher in der Hardware angelegt waren
Software übernimmt immer mehr Funktionen, die bisher in der (Elektronik-)Hardware lagen. Ein Beispiel dafür ist die Open RAN-Technik, die derzeit entwickelt wird. Dabei wird die Steuerung von Mobilfunknetzen von offener Software übernommen. Das ist Software mit klar definierten Schnittstellen, so dass Programme verschiedener Hersteller innerhalb einer Funkzelle kombiniert werden können. Bei der bisher genutzten Hardware ist das nicht möglich, die gesamte Funkzelle muss von einem Hersteller kommen, damit sie funktioniert.
In stagnierenden Hardwaremärkten wachsen die Verkäufe der zugehörigen Software
In vielen Märkten stagnieren die Hardwareverkäufe, während die zugehörige Software weiterwächst. Das ist etwa bei Konsumelektronik der Fall. Für Fernseher und andere Elektronikprodukte geben die Deutschen seit Jahren etwa 9 Mrd. Euro pro Jahr aus, für Smartphones kommen (seit 2015 nur mit geringen Zuwächsen) etwa 10 Mrd. Euro hinzu.
Aber der Markt für Smartphone-Apps wuchs 2021 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel auf 2,9 Mrd. Euro. Ein Großteil, nämlich 74% der Ausgaben, entfallen dabei schon auf In-App-Käufe, also verbesserte Funktionen der App gegen Bezahlung. Videostreaming-Dienste werden ihre Deutschland-Umsätze voraussichtlich von 1,9 Mrd. Euro in diesem Jahr auf 2,9 Mrd. Euro 2025 steigern können.
Software eröffnet neue Märkte und treibt deren Wachstum an
Software treibt neue Märkte an, z. B. das Internet of Things (IoT), das aber insgesamt noch in den Kinderschuhen steckt. 5 bis 12 Bio. USD Mehrwert erwartet der Unternehmensberater McKinsey im IoT bis 2030 weltweit. Erst eine Billion USD wurde in den vergangenen Jahren mit der Technik schon realisiert. Dabei geht es um Sensoren und hochautomatisierte Geräte, die mit dem Internet verbunden sind. Der größte Mehrwert kommt aus der Industrie 4.0. Aber auch Gesundheit, Verkehrsteuerung, sowie der Handel können damit große Produktivitätsfortschritte erreichen.
Stärkstes Wachstum mit offenen Systemen
Zugrunde liegen wird eine komplexe Software aus riesigen Datenbanken und kleinen Programmen, die die vielen Sensoren damit verbindet. Die Daten werden in den nächsten Jahren immer stärker mit Programmen, die auf künstlicher Intelligenz beruhen, ausgewertet. Der größte Mehrwert kann dann erreicht werden, wenn die Software aus offenen Systemen wie der europäischen Cloud Gaia-X besteht. Proprietäre Systeme wie Amazon Web Services wirken wie eine Zugangsbeschränkung zu den Daten und führen zu weniger Mehrwert. In allen Bereichen wird der große Anteil des Mehrwerts der Produkte in den kommenden Jahren bei Verbesserungen der Software liegen – und damit auch über das Wirtschaftswachstum eines Landes bestimmen.
Fazit: Software wird im kommenden Jahrzehnt eine zentrale Bedeutung gewinnen. Sie liegt zunehmend allen Maschinen und Geräten als Werttreiber zugrunde. Das ist zugleich die größte Gefahr für alle Unternehmen, die sich nur auf Hardware konzentrieren.