Versorgungslage in Europa ist gut
Der Preis für Erdgas (Natural Gas) zieht an der US-Energiebörse NYMEX seit einigen Tagen deutlich an. Mitte Januar handelte der Energierohstoff noch bei Kursen um 3,80 MMBtu. Zur Wochenmitte wurden in der Spitze bereits wieder 5,50 MMBtu bezahlt. Der Gaspreis ist damit um mehr als 40% binnen weniger Handelstage angestiegen.
Unser „Gaspreis-Szenario“, das wir Ihnen an dieser Stelle Mitte Dezember skizziert hatten (FD vom 17.12.21), nimmt nun immer konkretere Formen an. Auch in Europa sind die Gaspreise deutlich angestiegen. Der niederländische TTF-Gas-Terminkontrakt für Februar notierte vorige Woche Donnerstag bei rund 91,40 Euro je Megawattstunde. Das war ein Plus im Wochenvergleich von mehr als 20%.
Gaspreisanstieg überraschend
Der Preisanstieg ist fundamental betrachtet erstaunlich. Denn der Markt ist gut versorgt. Neben einer rekordhohen Lieferung von Flüssiggas (LNG) spielt auch eine vergleichsweise geringe Nachfrage aufgrund der milden Witterung eine Rolle.
Der Gaspreis ist derzeit vor allem politisch beeinflusst. Die Händler befürchten künftige Versorgungsengpässe im Falle einer Invasion Russlands in der Ukraine. Allerdings glauben die meisten europäischen Gasmarktteilnehmer nicht, dass die russischen Lieferungen nach Europa vollständig unterbrochen werden würden. Auch die deutsche Regierung erwartet keine Einbußen. Aus Berlin hieß es, Russland erfülle die Verträge zu Gaslieferungen nach Deutschland bislang vollumfänglich.
Geringer Vorrat, aber Winterende in Sicht
Ein Risiko ist die Vorratshaltung. Denn die europäischen Gasspeicher sind derzeit vergleichsweise leer. Laut Angaben von Gas Infrastructure Europe waren die Speicher in der Europäischen Union am 25. Januar mit 456,9 Terrawattstunden (43,4 Mrd. Kubikmeter) oder nur zu 40,9% gefüllt. Das ist der niedrigste Stand für diese Jahreszeit seit 2011. Allerdings neigt sich der Winter auch absehbar dem Ende entgegen.