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Im Corona-Jahr 2020 geringste OECD-Migration seit 2003

Aktuelle Trends in der Migration

Visum-Stempel. Copyright: Pixabay
Migration ist eines der großen politischen Themen, auch wenn es in der öffentlichen Beachtung derzeit hinter Corona und Klimawandel seltener durchblitzt als etwa im Spätsommer 2015. Eine aktuelle Analyse der OECD hält dabei Licht und Schatten parat.

Nach einer „Corona-Pause“ nimmt die Zuwanderung wieder Fahrt auf. Darauf verweist der aktuelle OECD-Bericht Migration. Das betrifft sowohl die innereuropäische Binnenmigration, als auch die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten. Für Deutschland sind nach Ansicht von OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig drei Entwicklungen entscheidend:

  1. Die Asylzahlen gehen wieder spürbar nach oben. 2020 ging vor allem die Migration aus humanitären Gründen – also Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Somalia – um 50% zurück. Nun setzt wieder eine Gegenbewegung ein.
  2. Im Zuge der „Arbeitsmarktengpässe“ (Fachkräftemangel) rückt die Integration in den Arbeitsmarkt in den Fokus.
  3. Es ist davon auszugehen, dass die voraussichtlich kommende Ampel-Koalition die Migrations- und Integrations-Gesetzgebung reformiert. Konkret haben sie sich vorgenommen das Fachkräfteeinwanderungsgesetz anzupacken (Anerkennungserfordernisse runtersetzen), die Einführung eines Punktesystems zur Gewinnung von Fachkräften und Erleichterungen von Zuwanderung für Pflegekräfte.

Beitrag der Zuwanderer zum Fiskus deutlich gestiegen

Für den Staatshaushalt hält der Bericht eine deutliche Positivbotschaft bereit. Der Anteil der Zuwanderer pro Kopf zum Fiskus (also Steuern, Abgaben abzüglich staatlicher Zuwendungen und öffentlicher Güter) hat sich deutlich verbessert. Lag er 2007 (vorher gab es keine belastbaren Daten) noch bei -20,4 Mrd. Euro, sind es 2018 12,5 Mrd. Euro. Pro Kopf hat sich das Saldo von -1.840 Euro im Jahr 2007 auf 839 im Jahr 2018 verbessert. Die Beschäftigungsrate lag 2019 bei über 70%. 2009 waren es noch 62,5%. Auch bei Geflüchteten liegt die Beschäftigungsquote mittlerweile bei über 50%. Zudem wird Zuwanderung immer "jünger" - das entlastet die Rentenkassen.

Nicht ganz so stark ist der Anstieg in Österreich. Hier kostete Zuwanderung die Wiener Regierung im Jahr 2007 noch 1,4 Mrd. Euro. Inzwischen überwiegen die Einnahmen: Insgesamt tragen Zugewanderte 0,6 Mrd. Euro zum Staatshaushalt bei. In der Schweiz stieg der Anteil von +4,8 Mrd. CHF im Jahr 2007 auf nun 9,6 Mrd. CHF. Aufgrund strengerer Einwanderungsgesetze gibt es bei den Eidgenossen allerdings auch kaum unqualifizierte Zuwanderung. Dem hingegen hat sich der BIP-Beitrag der Zuwanderer in Frankreich, die Niederlande oder Spanien verschlechtert. Die OECD führt dies vor allem auf die schlechte Arbeitsmarktintegration zurück.

Positive Effekte der Binnenmigration überwiegen Drittstaaten-Zuwanderung

Aber: Die positiven fiskalischen Effekte liegen vor allem an der innereuropäischen Migration und der verbesserten Integration in den Arbeitsmarkt. Dem gegenüber steht nun der wieder steigende Migrationsdruck geringqualifizierter Arbeitskräfte aus Afrika und dem Nahen Osten.

Gerade in „Problemquartieren“ zeigt sich die Kehrseite gescheiterter Migration. Gegen negative Entwicklungen müsse mit viel Sozialarbeit gegengesteuert werden. Zugewanderte Frauen – gerade solche in patriarchal geprägten Familien – müssen stärker in den Integrationsfokus rücken. Ihre Rolle auf die Entwicklung der nachkommenden Generationen wird viel zu selten berücksichtigt. Gerade in Frankreich (aber auch in Deutschland) trägt zudem das Bildungssystem maßgeblich dazu bei, dass migrantische und nicht-migrantische Kinder wenig Berührungspunkte haben. Das stärkt EU-weit politische Parteien am rechten Rand und fördert Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus. 

Braindrain in Südosteuropa

Andererseits zieht das Lohngefälle in der EU mehr und mehr ausgebildete Fachkräfte aus der Peripherie nach Kerneuropa. Deutschland zieht vor allem Zuwanderer aus Rumänien, Polen und Bulgarien an. Diese Süd-Ost-Länder wiederum erhalten vor allem Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten wie der Türkei, Russland oder der Ukraine. Auch in Portugal und Spanien zieht es Auswanderer vor allem nach Deutschland, Frankreich und UK. Zuwanderer kommen vor allem aus Nordafrika und Lateinamerika. 

Das stärkt zwar die Wirtschaft im Zentrum Europas, schwächt aber die der Länder und führt insbesondere in Osteuropa zu Facharbeitermangel. Vor allem in Bulgarien mangelt es an hochqualifizierten Arbeitskräften, ähnliches gilt aber auch für Polen, Rumänien oder Ungarn. Fachkräfteüberschuss gibt es in hingegen in Südeuropa.

Fazit: Für die kommende Koalition wird das Thema Zuwanderung an Bedeutung gewinnen. Klar ist, dass es angesichts des Fachkräftemangels Migration braucht. Doch sie muss auch gut organisiert sein.

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