B2B-Emails sind verbindliche Post
Ein Vergleichsangebot, das innerhalb üblicher Geschäftszeiten wirksam zugeht, ist nicht mehr wirksam zu widerrufen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Ein Unternehmen stritt sich mit einem Kunden über eine Restzahlung. Insgesamt belief sich die Auftragssumme auf 254.000 Euro netto.
Der Auftragnehmer hatte Kürzungen bei der Schlussrechnung vorgenommen. Damit war der ausführende Unternehmer nicht einverstanden und forderte eine Restzahlung von 14.300 Euro und zusätzlich Anwaltskosten von 1.000 Euro. Über seine Anwälte ließ er dem Auftraggeber ein entsprechendes Vergleichsangebot per E-Mail zukommen. Ausdrücklich wurde im Vergleichsangebot vermerkt: Eine weitere Forderung werde nicht erhoben. Ferner sei der geltend gemachte Verzugsschaden in Höhe der Anwaltskosten zahlbar und fällig.
Vergleichsangebot ist gültig
Diese Nachbesserung akzeptierte der Kunde und überwies das Geld innerhalb von sieben Tagen. Der klagende Unternehmer erhöhte allerdings drei Tage nach der ersten E-Mail seine Forderung auf 22.200 Euro und klagte auf den Differenzbetrag von 7.800 Euro bis zum BGH. Im Streit ging es um die Wirksamkeit einer zweiten E-Mail, die am gleichen Tag wie die erste Nachricht, aber 37 Minuten später einging. Die Anwälte hatten in der zweiten Mail darauf verwiesen, dass noch nicht geklärt sei, ob nach der Zahlung tatsächlich keine weiteren Forderungen mehr erhoben werden.
Der mit der zweiten Mail erklärte Widerruf des Vergleichsangebots war dennoch verspätet, wie der BGH feststellt. Das Vergleichsangebot war um 9:19 Uhr und damit innerhalb üblicher Geschäftszeiten wirksam zugestellt und gültig. Darum konnte die Klägerin es nicht um 9:56 Uhr gem. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB wirksam widerrufen.
Fazit: Geht eine Email zu üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers ein, lässt sich der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen nur noch schwer ändern. Die Post gilt als zugestellt und kann fast nicht mehr widerrufen werden.
Urteil: BGH vom 6.10.2022, Az.: VII ZR 895/21
Hinweis: Eine Einlassung des BGH ist interessant. Die Anwälte hätten in der zweiten Mail nicht deutlich gemacht, dass sie sich nicht an das Angebot gebunden fühlen. Darum war ein wirksamer Vergleich zustande gekommen.