Die Tücken von Haustarifverträgen
Das Bundesarbeitsgericht etabliert eine neue Praxis für die Gültigkeit von Haustarifverträgen. Bislang galt: Ein Haustarifvertrag entfaltet nur für diejenigen Beschäftigten Wirkung, die ihren Arbeitsvertrag mit dem Tarifwerk verknüpfen (dynamische Bezugnahmeklausel). Das funktionierte so, dass die abgeschlossenen Arbeitsverträge um eine entsprechende Klausel ergänzt und neu unterzeichnet wurden.
Nur so konnten die Beschäftigten an die Vorteile der besseren Regelungen im Haustarifvertrag kommen. Diese Praxis ist nach der Entscheidung des BAG allerdings jetzt passè. Die Regelungen des Tarifvertrags gelten jetzt für alle Beschäftigten (soweit sie Gewerkschaftsmitglieder sind). Und zwar auch dann, wenn sie den neuen Arbeitsvertrag nicht unterschreiben.
Macht der Tarifvertragsparteien ist begrenzt
O-Ton der Richter des Vierten Senats: Es liegt nicht in der Macht der Tarifparteien individualvertragliche Absprachen einfach zu kippen. Schwerverdaulich ist die Ansage, das auch die ‚Unterschriftsverweigerer‘ in den Genuss der Vorteile der Neuregelung kommen.
Für die Arbeitgeber ergibt sich aus der Entscheidung Anpassungsbedarf. Wer am Konzept des Haustarifvertrags festhält, sollte den Tarifabschluss unter eine aufschiebende Bedingung stellen.
Arbeitgeber müssen ihren Vorteil absichern
Nur wenn eine deutliche Mehrheit der Belegschaft den neuen Tarifvertrag ausdrücklich einzelvertraglich anerkennt, tritt er auch in Kraft. Nur so kann der Arbeitgeber sicher sein, dass er von den Vorteilen des Haustarifvertrags auch wirklich profitiert.
Fazit: Die bisherige Möglichkeit für den Arbeitgeber, dass mit der Einführung eines Haustarifvertrags die bisherigen Arbeitsverträge mit ihren alten Regelungen automatisch außer Kraft treten, gilt nicht mehr.
Urteil: BAG vom 13.5.2020, Az.: 4 AZR 489/19