Regeln für Umsatzschätzungen durch das Finanzamt werden angepasst
Bei der Schätzung von Umsätzen durch das Finanzamt kündigen sich große Veränderungen an. Stellt die Finanzverwaltung grobe Mängel fest, nutzt sie derzeit die amtliche Richtsatzsammlung als Schätzungsgrundlage. Diese Sammlung wird vom Bundesfinanzministerium (BMF) herausgegeben und beruht auf einem Vergleich der steuerlichen Ergebnisse anderer Betriebe der Branche.
Deutschlands oberstes Finanzgericht hat viele offene Fragen
Das intransparente Zustandekommen der Richtsatzsammlung sorgt zunehmend für Kritik. Der Bundesfinanzhof (BFH) musste sich nun erstmals zur Brauchbarkeit der Richtsatzsammlung äußern. Dabei ergaben sich für den BFH einige Unklarheiten:
- Welche Einzeldaten fließen mit welchem Gewicht fließen in die Ermittlung der Richtsätze der jeweiligen Gewerbeklasse ein? Wie wird sichergestellt, dass die Daten repräsentativ sind? Gibt es Einzeldaten, die von vornherein ausgeschlossen werden?
- Stehen die regional zum Teil erheblich unterschiedlichen Höhen fixer Betriebskosten (insbesondere Raum- und Personalkosten) der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegen?
- Weshalb bleiben die Ergebnisse von Außenprüfungen bei sog. Verlustbetrieben unberücksichtigt, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen?
- Finden ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung?
- Wie kann dem Unternehmer ermöglicht werden, das Ergebnis einer Schätzung auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung nachzuvollziehen und zu überprüfen?
Endgültige Folgerungen bleiben einem späteren Revisionsurteil vorbehalten. Es ist sieht aber derzeit so aus, dass der BFH die Anwendbarkeit der Richtsätze modifizieren oder einschränken wird. Im Streitfall geht es um Hinzuschätzungen bei einem Diskothek-Betrieb, einem Lokal und einer Bar.
Fazit: Unternehmer sollten Steuerbescheide, die auf der Richtsatzsammlung beruhen, nicht rechtskräftig werden lassen. Legen Sie Einspruch unter Hinweis auf das vorliegende Verfahren ein.
BFH X R 19/21