Der Energiepreis-Schock kommt noch
Der große Energiepreisschock steht den europäischen Unternehmen und Verbrauchern noch bevor. Zwar ist der Winter bisher ausgesprochen milde. Die Gasspeicher in der EU sind gut gefüllt: zu 77,8%. Das sind 18,5 Prozentpunkte (ppt) über dem Durchschnitt des Referenzzeitraums 2015-2020 für den 22. Januar und 35 ppt mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Hauptgrund sind die nachgelagerten Vertragsänderungen, die erst in diesem Jahr richtig greifen werden.
Die Gasrechnungen der Unternehmen werden im Jahr 2023 im Vergleich zu 2021 in Italien und Spanien um über 100% steigen. Etwa 60-70% werden es in Deutschland, Frankreich und Großbritannien sein, erwartet Allianz Research.
Erhebliche Strompreissteigerungen voraus
Die Stromrechnungen gehen in Deutschland um etwa +35% nach oben. In Italien und Spanien um +80%. Unternehmen müssen somit im Jahr 2023 im Vergleich zu 2021 in Italien und Spanien mit mehr als 100% Preissteigerung bei Strom rechnen. 60-70% werden es in Deutschland, Frankreich und Großbritannien sein.
Im Jahr 2022 wurde der Anstieg der Stromrechnungen von Unternehmen eingedämmt. Es gab milliardenschwere staatliche Eingriffe. Zudem wurden die Energiegroßhandelspreise nur mit Verzögerung weitergegeben. 2023 werden mehr Verträge verlängert. Das wird die Strompreise um +40% in Deutschland gegenüber 2021 und +90% in Italien und Spanien nach oben treiben.
2022 wurden Preissteigerungen erheblich gedämpft
2022 stiegen die Strompreise im Dienstleistungssektor um etwa +15% und in der Industrie um +50% Das sind weniger als +20% für die gesamte Wirtschaft. Dies ist ein sehr bescheidener Anstieg im Vergleich zu den explodierenden Strompreisen auf den Großhandelsmärkten. Eurostat meldet für 2022 Anstiege der Stromrechnungen nur für indexierte Verträge um über 60%. Das zeigt die „Nachhol-Lücke“.
Französische Unternehmen im Dienstleistungssektor erwarten für 2023 einen weiteren Anstieg um +30%. Industrieunternehmen gehen von einem Anstieg um +65% aus. Damit wären die Stromrechnungen in der Industrie um rund 115 % und in der Industrie um 45% gestiegen.
Staatliche Eingriffe als Unsicherheitsfaktor für Prognosen
Was als Unsicherheit für die Preise bleibt: Staatliche Eingriffe können erheblich sein. Das kann dazu beitragen, die Energierechnungen durch Subventionen, Steuersenkungen oder Preisobergrenzen erheblich zu senken, selbst bei indexierten Verträgen.
Doch wird sich dies nicht 1:1 auf die Dämpfung der Inflationsrate auswirken. Der bessere Konjunkturausblick für Europa bestärkt die Gewerkschaften in ihren Lohnforderungen. Der Öffentliche Dienst geht gerade mit den höchsten Forderungen seit 40 Jahren in die Verhandlungen und will ein Plus von 10,5% auf 12 Monate. Andere Branchen werden folgen – und die Unternehmen die Preise nach oben anpassen.