Konjunktur: Wachstum im Euroraum, Umbau in China
Sehr ruhiges Wachstum
Die Eurozone bietet das bekannte Bild: Ein sehr ruhiges Wachstum, das unter dem Potenzial bleibt. Es stützt sich nach wie vor stark auf den Außenhandel. Dieser stellt zwar Beschäftigung in beachtlichem Umfang sicher. Er vermittelt aber kaum neue Wachstumsimpulse. Das global rückläufige Handelsvolumen lässt dies nicht mehr zu. Entsprechend weist die jüngste Handelsbilanz einen leicht gestiegenen Überschuss aus. Dieser stützt sich darauf, dass der Import etwas schneller zurückgeht als der Export. Dieser gemäßigte Trend schlägt auch auf die Industrieproduktion durch. Sie legte zuletzt zwar wieder zu. Aber mit 0,4% zum Vorjahr blieb sie unter der nicht sehr starken Konsenserwartung von 0,7%.
Die Impulse kommen eher aus der erstaunlich robusten Binnennachfrage. Zumal im Dienstleistungsbereich. Weitere expansive Impulse liefert auch der private Konsum. Das zeigen die Zuwächse im Einzelhandel – zuletzt etwa in Deutschland oder Italien. Immerhin lagen die jüngsten beiden Inflationsraten knapp oberhalb der Nulllinie (0,2% nach 0,1%). Das liegt jedoch immer noch weit vom Ziel bei 2% entfernt.
Problematisch bleibt die Lage Frankreichs. Dort kommen zwar die vom Tourismus profitierenden Dienstleistungen voran. Die Industrie ist aber weiter schwach. Sie bremst die Einkommensentwicklung und damit auch den privaten Konsum. Italien und vor allem Spanien kommen dagegen deutlich besser voran. Wachstumsimpulse liefern auch die Niederlande oder Österreich.
In diesem Rahmen wird die EZB bei ihrer ultra-expansiven Politik – negative Zinsen, Ankaufprogramm – bleiben. Sie wird auch Spekulationen über weitere Lockerungen nicht allzu forsch entgegentreten, um den Euro niedrig zu halten – zum Wohl des Exports. Auf absehbare Zeit ist kein Politikwechsel bei der EZB erkennbar. Der Brexit spielt für die Eurozone ohnehin keine wesentliche Rolle.
Fazit: Immer wieder aufkommende Spekulationen über weitere Lockerungen werden den Euro auf seinem aktuellen Niveau halten. Eine neuerliche Schwäche würde sogar erwünschte Inflationseffekte haben.
Gründe und Begründungen
Die Welt wartet auf Signale der US-Währungshüter. Sie sollen Aufschluss über die weitere Zinspolitik geben. Die aber lieferte Janet Yellen nicht. Ihre Aussage, dass man der nächsten Zinserhöhung näher gekommen sei, ist eine Binsenweisheit. Das gilt für jeden Tag, unabhängig davon, welche Daten er brachte. Die aktuelle Politik läuft nach wie vor im Krisenmodus und muss normalisiert werden.
Die Daten selbst bleiben durchwachsen. Positiven Ergebnissen etwa bei der Industrieproduktion, vor allem Dank der Erholung der Ölförderung und einer alles in allem positiven Tendenz am Arbeitsmarkt, stehen schlechte Nachrichten aus dem verarbeitenden Gewerbe gegenüber: Es lahmt nach wie vor.
Der US-Industrie geht es eher schlecht. Egal, ob man die Indikatoren der einzelnen Fed-Banken oder die Einkaufsmanager-Indizes heranzieht. Folge sind weiterhin geringe Anlageinvestitionen. In den Orders für dauerhafte Güter sind sie regelmäßig mit roten Zahlen vertreten, zuletzt mit -4,9% zum Vorjahr. Das bremst mittlerweile die Produktivität und sorgt so für steigende Lohnstückkosten.
Die verzerrenden Effekte der Niedrigzinsen liefern zwar Gründe für eine Zinserhöhung. Die Zahlen der Konjunktur bringen aber kaum eine tragfähige Begründung, die einer in den aktuellen Wahlkampfzeiten fälligen kritischen Nachfrage standhalten könnte. Wir erwarten daher, dass die Währungshüter erst im Dezember wieder einen kleinen Schritt wagen werden. Zumal sie keinen Wert darauf legen, in den ohnehin aufgeheizten Wahlkampf hineingezogen zu werden. Das ist keine tragende Begründung für eine Zinsentscheidung, aber ein nachvollziehbarer Grund für das Verhalten der Geldpolitiker des FOMC. Das Gefühl der Enttäuschung über die langsame Zinsnormalisierung bremst den Dollar.
Fazit: Das Potenzial des Dollar bleibt überschaubar.
Stagnation
Auch die jüngsten Daten aus Japan unterstreichen, dass Shinzo Abes Wirtschaftspolitik keinen Fortschritt gebracht hat. Das 2. Quartal brachte so geringes Zuwachs, dass selbst nach der Hochrechnung auf ein ganzes Jahr nur 0,2% übrig bleiben. Das liegt deutlich unter den schon wenig ambitionierten Erwartungen von 0,5%. Größenordnungen in Nähe der zuvor erzielten 1,9% sind weit weg. Von den kommenden Monaten ist nach den im August veröffentlichten Zahlen zum Juli kaum Besserung zu erwarten. Der Einkaufsmanager-Index der Industrie bleibt mit 49,5 nach 49,3 Punkten unterhalb der Expansionsschwelle. Die laufende Industrieproduktion stagnierte zuletzt im Monatsvergleich (0,0%) – womit sowohl die Erwartungen (Konsens 0,8%) als auch der Vormonat (1,9%) sehr deutlich unterboten wurden.
Der Jahresvergleich bringt mit -0,5% rote Zahlen. Der Überschuss in der Handelsbilanz legte zuletzt zwar weiter zu. Aber nur, weil der Export mit -14% stabiler war als der Import mit -24,7% (jeweils zum Vorjahr). Allerdings dürften diese Werte durch kräftige Wechselkurseffekte (Yen-Aufwertung) überzeichnet sein. Dennoch: Die Nachfrage ist schwach. Das ist auch an der Inflation ablesbar. Sie fiel mit -0,4% etwas schwächer aus als erwartet (Konsens -0,3%). In diesem Kontext wird dann „weniger schlimm als erwartet“ zu einer Art Erfolgsmeldung: Die Ausgaben der privaten Haushalte als Maßzahl für den Konsumtrend gingen mit -0,5% zum Vorjahr weniger zurück als gedacht (Konsens -0,9%) und im Vormonat (-2,3%). Rückgänge gab es entsprechend auch bei den Umsätzen des Einzelhandels mit -0,2% – ebenfalls weniger schlimm als erwartet (Konsens -0,9%) und als im Vormonat (-1,4%). Kurzum: Es sieht trübe aus. Und es gibt wenig Grund auf Besserung zu hoffen. Zumal der Yen angesichts der unsicheren Verhältnisse an den Finanzmärkten offenbar weiter zulegt.
Fazit: Aufgrund der bereits praktizierten ultra-expansiven Politik in Japan ist nicht erkennbar, dass der Auftrieb des Yen schnell gestoppt werden kann.
Der Umbau geht weiter
Die Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaft kommt voran. Das verschiebt die Gewichte zwischen den Regionen und Branchen. Während der eher die ganze Breite erfassende staatliche CFLP-Einkaufsmanager-Index den Schritt nach vorn über die Schwelle von 50 schaffte (50,4 nach 49,9), ging der stärker auf die modernisierten, exportorientierten Unternehmen der Küstenregionen konzentrierte Caixin-Index von 50,6 auf 50,0 Punkte zurück. Die Handelsbilanz auf Yuan-Basis liefert eine plausible Erklärung: Der Export legte mit 2,9% unterdurchschnittlich zu. Der Import fiel etwas deutlicher um 5,7%. Hier ist offenbar ein gewisses Maß an Import-Substitution am Werk. Es wird von der Politik ja auch angezielt.
Die übrigen Zahlen vom aktuellen Rand sind wenig auffällig. Sie fügen sich in das gewohnte Bild. Die Industrieproduktion legt mit 6% im Jahresvergleich weiter zu, wenn auch etwas verlangsamt (Vormonat 6,2%). Auch bei den Einzelhandelsumsätzen ist eine Beruhigung zu erkennen. Der Zuwachs betrug 10,2% nach 10,6% im Vormonat. Die staatliche Statistik nannte die regionalen Überflutungen und eine Hitzewelle als Ursachen für die Zurückhaltung der Konsumenten. Die Inflation wies mit 1,8% nach 1,9% im Vormonat zuletzt die gewohnt unproblematischen Werte aus. Das schafft Raum für Lockerungen. Allerdings betonten die Währungshüter jüngst deutlich die Stabilität des Yuan und deren Gefährdung durch weitere Lockerungen. Das deutet nach Einschätzung lokaler Beobachter auf starken Druck auf die Währungshüter. Sie sollen eben diese Lockerungen zugunsten einer stärkeren konjunkturellen Dynamik beschließen.
Fazit: Der Yuan dürfe weiter leicht nachgeben.
Monatsprognose zu Euro, Dollar, Yen und Yuan
Kurs Vorjahr | Kurs aktuell | 3. Quartal 2016 | 4. Quartal 2016 | 1. Quartal 2017 | 2. Quartal 2017 | ||
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EURO | USD | 1,09 | 1,119 | 1,08 – 1,13 | 1,06 – 1,11 | 1,08 – 1,12 | 1,10 – 1,16 |
CHF | 1,005 | 1,097 | 1,08 – 1,10 | 1,08 – 1,11 | 1,09 – 1,13 | 1,10 – 1,14 | |
GBP | 0,70 | 0,843 | 0,82 – 0,90 | 0,88 – 0,94 | 0,90 – 0,97 | 0,93 – 1,01 | |
JPY | 136,00 | 115,8 | 112 – 116 | 113 – 119 | 115 – 120 | 118 – 126 | |
3-Monatsgeld | -0,02 | -0,30 | -0,30 – 0,10 | -0,30 – -0,10 | -0,25 – 0,05 | -0,20 – 0,05 | |
10-Jährige Anleihe Bund | 0,65 | -0,13 | -0,20 – -0,10 | -0,15 – -0,05 | -0,1 – 0,1 | 0,05 – 0,25 | |
USD | JPY | 123,5 | 103,5 | 102 – 107 | 103 – 108 | 104 – 110 | 106 – 114 |
3-Monatsgeld | 0,22 | 0,84 | 0,70 – 0,95 | 0,80 – 1,05 | 0,85 – 1,15 | 0,95 – 1,25 | |
10-Jährige Anleihe Bund | 2,39 | 1,57 | 1,45 – 1,75 | 1,40 – 1,80 | 1,40 – 1,85 | 1,45 – 1,95 | |
Hinweis: Diese Tabelle gibt die Meinung der Redaktion zur Zins- und Wechselkursentwicklung wichtiger Währungen wieder. Sie dient ausschließlich zur Orientierung und ist nicht als Handlungsaufforderung zu sehen. Insbesondere Wechselkursprognosen unterliegen einer hohen Unsicherheit. Alle Angaben ohne Gewähr.