Neuer Boom auf Pump
Der Dow sendet ein akutes Warnsignal aus. Gut möglich, dass es aus in den USA zu einem kräftigen Sommergewitter kommt.
Der DAX klettert, der Dow dümpelt müde vor sich hin. Diese ungewöhnliche Situation bedarf einer besonderen Betrachtung. Denn die Börsen senden mit diesem Verlauf Signale, die beachtet werden sollten. Sie können gravierende Auswirkungen haben. Es sieht momentan nur so aus, als könne sich der DAX vom großen US-Bruder emanzipieren. Der Dow wird auch künftig die Richtung und die Schrittgeschwindigkeit vorgeben. Der Dow sendet aus technischer Sicht ein Verkaufssignal. Das ist noch nicht stark, aber es ist beachtlich. Denn der Index notiert nun schon einige Zeit unter der 200-Tage-Linie. Kurzfristig hat sich ein sanfter Abwärtstrend – ausgehend von 18.300 Punkten im Mai – ausgebildet. Die 38-Tage-Linie, die eine Kurstendenz anzeigt, sinkt und schickt sich an, die 200-Tagetrendlinie von oben zu durchschneiden. Einzig die Basis von 17.500 Punkten hält den Dow noch. Was steckt dahinter? Momentan wird der Index vor allem von den Ölwerten nach unten gezogen. Diese stehen wegen des gesunkenen Ölpreises unter Druck. Viele anderen Werte im Dow laufen dagegen nicht schlecht. Dennoch ist es gut möglich, dass der Index auf der Ölspur ausrutscht. Kommt er weiter unter Druck, werden vermutlich etliche Computerprogramme Aktien verkaufen (Stichworte: Algotrading, Charttechnik). Dass die US-Notenbank weiter an ihrer Zinserhöhungs-Perspektive festhält, macht die Lage nicht einfacher. Der Zinsschritt könnte für die Märkte aber schwerer verdaulich sein, als bisher geglaubt. Darauf deutet die hohe Verschuldung hin, mit der die Amerikaner Aktien gekauft haben. Stattliche 500 Mrd. US-Dollar sind es, die US-Investoren aufgenommen haben, um Papiere auf Pump zu kaufen. Die Dimension ist gigantisch: Die Schuldenquote liegt bei 2,87% vom US-BIP. Zum Vergleich: Als die Tech-Blase im Jahr 2000 platzte, lag sie bei 2,78%. Im Jahr 2008 betrug sie 2,62%. Langfristig bewegt sie sich bei ca. 1,5% vom BIP. Die Hausse an der US-Börse ist also kräftig gehebelt. Der Hebel könnte mit fallenden Notierungen schnell brechen – ähnlich wie jüngst in China. In den USA hängen aber viel mehr Menschen von der Börse ab (Altersversorgung) als im Reich der Mitte. Darum wäre ein Crash in Übersee realwirtschaftlich bedeutend. Die US-Zinswende wird so zum Riesen-Risiko. Das hat die Fed erkannt und zögert den Schritt deshalb hinaus. Es ist praktisch zwingend, dass die Unternehmenszahlen sehr gut und die Konjunktur sehr robust ist, damit ein Zinsschritt nicht zu einem Börsenbeben führt. Dem würden andere Börsen mit Sicherheit nach unten folgen. Weiteres Pulver hat die Fed nicht mehr.
Fazit: Der Dow könnte sehr schnell bis auf 16.000 Punkte fallen. Momentan gibt es nur wenig gute Argumente für neue Kurssteigerungen. Der DAX hat noch ein Sicherheitspolster bis zur wichtigen Trendunterstützung (10.800 Zähler).