Gesichtswahrender Ausweg gesucht
Die Regierung in China sucht nach einem gesichtswahrenden Weg aus der Null-Covid-Falle. Trotz der scharfen Abriegelungen in zahlreichen Städten steigen die Corona-Zahlen weiter steil an. Parallel dazu nehmen die Proteste gegen die unnachgiebige Null-Covid-Politik Pekings massiv zu.
China sucht einen Ausweg aus der Covid-Falle. Denn trotz strenger Kontrollen (z.B. in Messenger-Diensten im Internet) gelingt es immer mehr Menschen, sich zu Demonstrationen zu versammeln. Inzwischen gibt es Proteste in Peking, Shanghai, Wuhan, Chengdu, Urumqi und Guangzhou. Studenten an 51 Universitäten in ganz China nehmen daran teil. "Das hat es seit dem Tiananmen-Massaker am 4. Juni 1989 nicht mehr gegeben", so unser Korrespondent aus China. Da Peking offiziell aber noch an den Corona-Regeln festhält, werden die Proteste weitergehen. Darüber hinaus löst das oft gewaltsame Vorgehen der Polizei neuen Widerstand aus.
Erste Lockerungen in China
Es gibt erste Öffnungsanzeichen. Mindestens zwei Städte haben bereits die Pandemievorschriften gelockert. Peking kündigte am Montag an, keine Tore mehr zu errichten, um den Zugang zu Wohnanlagen zu sperren, in denen Covid-Fälle festgestellt wurden. Die Stadtregierung von Guangzhou will die abgesperrten Bezirke wieder öffnen, nachdem ein gewalttätiger Aufstand niedergeschlagen worden war. Auch die Stadt Chongqing wird die gesperrten Bezirke schrittweise öffnen.
Da Peking offiziell noch zögert, seine Null-Covid-Politik vollständig aufzugeben, trauen sich etliche andere Städte noch nicht, die Maßnahmen ebenfalls zu lockern. Hinzu kommt, dass viele lokale Provinzregierungen Geld für den Bau von "permanenten Quarantänezentren" bereitgestellt haben. Zu diesem Zweck werden spezielle Anleihen ausgegeben, die für einen "Pandemiezeitraum von fünf Jahren" ausgelegt sind. Es sind mehrere solcher Zentren geplant. Allein in der Provinz Shangdong will die Regierung 23 Milliarden Yuan (3,2 Milliarden Dollar) in sie investieren.
Soziale Stabilität ernsthaft gefährdet
Behält Peking die Null-Corona-Politik bei, wird sich die Konfrontation noch verschärfen. Die Schließungsmaßnahmen bedrohen längst die Existenz vieler Unternehmen. Allein im Jahr 2022 haben 495.000 Restaurants geschlossen. Peking kann das nicht mehr ignorieren. "Die Auswirkungen greifen bereits weit um sich", so unser Korrespondent. So plant Foxconn in Zhengzhou nun eine langsame Verlagerung seiner Aktivitäten nach Indien, weil es aufgrund des permanent chaotischen Managements der Schließungen zu Arbeiterunruhen gekommen war.
Fast alle Wirtschaftszweige befinden sich im Niedergang. Die Arbeitslosigkeit unter jungen Hochschulabsolventen und Arbeitnehmern steigt ebenso wie deren Verschuldung. Dies beginnt, die soziale Stabilität des Landes ernsthaft zu gefährden. Hinzu kommt, dass die Akzeptanz der seit Jahren praktizierten harten Maßnahmen abnimmt, da die Zahl der Corona-Fälle nicht gegen Null geht.
Fazit: Peking steckt in der Covid-Falle und gerät von zwei Seiten unter immensen Druck. Es will beweisen, dass die Null-Covid-Politik von Präsident Xi Jinping richtig ist und nicht in Frage gestellt werden darf. Es muss aber gleichzeitig die wachsenden negativen wirtschaftlichen Folgen für das Land eindämmen. Es wird keine schnellen Lösungen geben. Aber die Regierung wird einen gesichtswahrenden Mittelweg finden, um die Corona-Maßnahmen sanft zu lockern.