Laschets große Chance
Die Corona-Politik bietet dem neuen CDU-Parteivorsitzenden Armin Laschet die Gelegenheit sein Persönlichkeitsprofil zu schärfen. So wie Angela Merkel – "Kohls Mädchen" – am 22.12.1999 aus dem Schatten des "Kanzlers der Einheit" trat, als sie ihn via FAZ-Artikel im Parteispendenskandal direkt angriff. Der Mann, der jetzt Kanzler werden will, aber bisher als männlicher Epigone von Angela Merkel gilt, weiß das. Er weiß aber auch, welche Risiken damit verbunden sind.
Laschets Chance fällt auf die Tage um den 10 Februar. Dann wird das Corona-Kabinett den Einstieg in den Lockdown-Exit beschließen. Laschet wird sich an die Spitze des Zuges stellen (müssen), um als Kanzlerkandidat der zurückgewonnenen Freiheiten antreten zu können. Und so in der Öffentlichkeit an Gewicht gegen Mitbewerber Markus Söder (CSU) aus Bayern zu gewinnen.
Gegen die Kanzlerin
Das aber wird nicht das Wohlwollen der Kanzlerin finden. Angela Merkel drängt weiterhin darauf, am Lockdown festzuhalten. Sie will auf keinen Fall "zu früh lockern" und weist auf das "enorme Risiko der Virus-Mutationen" hin. Ihr medizinischer Sekundant Christian Drosten malt das Bild von "zahlreichen schweren Krankheitsverläufen" in der mehr als 23 Mio. Menschen umfassenden Gruppe der 40- bis 60-Jährigen an die Wand.
Beider Manko ist: Sie stützen sich auf Drostens Erfahrung, nicht auf Daten. Bei der Schweinegrippe lag der Virologe aber beispielsweise mit seiner Einschätzung dramatisch daneben. Die Prognosen waren Entscheidungsgrundlage für die Menge des 2009 beschafften Pandemie-Impfstoffes gewesen. Die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte damals im August 2009 – einen Monat vor der Bundestagswahl – angekündigt: „Jeder, der sich impfen lassen möchte, soll die Möglichkeit dazu haben“. Noch zehn Jahre später stritten die Länder mit dem Bund um die Kostenübernahme der nutzlos gewordenen Ampullen, die niemand nachfragte.
Die Zeit spielt für Laschet
Aktuell spielt die Zeit gegen Merkel/Drosten und für einen "Öffner Laschet". Die Zahl der Ansteckungen sinkt seit dem Jahreswechsel kontinuierlich. Die Inzidenz in Deutschland ist auf unter 100 zurück gegangen. Es gibt inzwischen über 50 Landkreise, in denen die Inzidenz sogar unter 50 liegt, in einem halben Dutzend unter 25. Inzidenz 50 – das war lange Zeit der Orientierungswert für Politik und Öffentlichkeit und hat sich so im öffentlichen Gedächtnis verankert. Die Auslastung der Intensivstationen geht ebenfalls zurück. Es gibt noch 4.222 Corona-Patienten, zum Jahreswechsel waren es über 5.700. Dazu kommt: Der Frühling naht. Und damit verliert das Virus bekanntlich an Kraft. Bis zur Wahl im September werden die Hochrisikogruppen in der Bevölkerung – ältere Menschen jenseits der 80 – weitgehend geimpft sein. Erst danach beginnt mit dem Herbst die nächste kritische Phase.
Lockerungen werden alternativlos
Angesichts dieser Zahlen werden baldige Lockerungen alternativlos. Ein flächendeckendes Zusperren weiter Teile des Dienstleistungs- und Kultursektors ist kaum noch zu vermitteln und dürfte auch rechtlich immer schwieriger werden (Stichwort: Angemessenheit der Maßnahmen). Der Druck der Verbände, Öffnungen „mit konsequenten Hygienekonzepten“ zuzulassen, wächst ebenfalls gewaltig.
Und auch international dreht der Wind: Österreich öffnet, Italien lockert den Lockdown, die USA schlagen einen neuen Weg ein. Dieser Konkurrenz kann sich Deutschland nicht lange entgegenstellen.
Übergangsphase bis Ende Februar
Bis Ende Februar soll der Lockdown anhalten und zunächst in eine Übergangsphase übergehen. In dieser Zeit will die Regierung die Ausbreitung der Mutationen analysieren lassen und eine Öffnungsstrategie erarbeiten. Im Kern wird es bei der Debatte um die Öffnungsstrategie darum gehen, ein bundeseinheitliches und klares Konzept für regionale Öffnungen auf Landkreisebene zu entwickeln. Solche Konzepte liegen inzwischen aus verschiedenen Bundesländern vor. Niedersachsen (MP Stephan Weil, SPD) hat einen Stufenplan präsentiert. Manuela Schwesig (MP Meck-Pom, SPD) ergänzt ein Öffnungskonzept für Schulen. Auch Daniel Günther (CDU) hat in Schleswig-Holsteins Regierung (CDU, Grüne, FDP) ein Stufenkonzept für die Öffnung vorgelegt.
Ein großes Risiko gibt es nicht. Denn alle Stufenpläne sehen Verschärfungen vor, sollten die Inzidenzzahlen wieder ansteigen. Hat Laschet Fortune, hat er nicht nur die Unternehmen auf seiner Seite, sondern auch die Familien, die besonders unter dem Lockdown leiden. Sie werden aufatmen, wenn ihre Kinder wieder halbwegs regulär Kitas und Schulen besuchen können.
Fazit: Hat Laschet als Fürsprecher der Öffnungspolitik Fortune, hat er nicht nur die Unternehmen auf seiner Seite, sondern auch die Familien, die besonders unter dem Lockdown leiden. Sie werden aufatmen, wenn ihre Kinder wieder halbwegs regulär Kitas und Schulen besuchen können. Das bringt reichlich Punkte bei der Bundestagswahl.