Strategiewechsel bei der CDU
Nach den hohen Stimmengewinnen der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg wird die CDU einen strategischen Kurswechsel einleiten.
Die Landtagswahlen vom Wochenende leiten den Kurswechsel der CDU beim Umgang mit der Alternative für Deutschland (AfD) ein. Dabei werden die Christdemokraten jene Fehler vermeiden, die der SPD im Umgang mit der Linken unterlaufen sind. Erster Fehler: Ausschließeritis. 20 Jahre haben die Sozialdemokraten nach der Tolerierung der Regierung Höppner in Sachsen-Anhalt durch die PDS gebraucht, um alle Hürden für eine Koalition mit der Linken auch im Bund wegzuräumen. In der Zwischenzeit sind die Sozialdemokraten im Bund wie in manchen Ländern zu einer Volkspartei zweiter und dritter Klasse geschrumpft. Bisher galt für die CDU das Motto: ignorieren, hoffen, dass die AfD eine Eintagsfliege ist. Nach den Erfolgen im Bund 2013, in Europa und jetzt in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gilt diese Strategie als gescheitert. Eine rigorose Ablehnung von Koalitionen mit der AfD hat die CDU bisher vorsorglich nicht praktiziert. Es galt vielmehr ein Gesprächsverbot von Fraktionschef Volker Kauder. Darüber hatte sich der rheinische Rechts- und Innenpolitiker Wolfgang Bosbach schon im Juni hinweg gesetzt und war in eine erste öffentliche Diskussionsrunde mit AfD-Chef Bernd Lucke gegangen. Die CDU muss bereits an ihre Zukunft in der Nach-Merkel-Ära denken. Bislang sichert vor allem die Kanzlerin die Wahlerfolge der CDU. Ohne Merkel-Kanzlerinnen-Bonus wird es für die Union im Bund und in den Ländern schwer. Denn die FDP – auch das darf nach den Landtagswahlen als gesichert gelten – ist eine historische Partei. Vielleicht nicht auf ewig, aber über die nächste Bundestagswahl hinaus. Die Große Koalition wird sich auch nicht als Dauerzustand etablieren. Die Union braucht einen strategischen Mehrheitsbeschaffer. Und sie kann nicht auf das konservative Wählerpotenzial verzichten, das sich von Merkels Modernisierungsstrategie abgestoßen fühlt und in der AfD eine neue Heimat gefunden zu haben glaubt. Die CDU weiß, dass die „Umarmungsstrategie“ die nächste Option nach der Ausgrenzung ist. Das Problem für die CDU ist: Die nächsten Testwahlen, dann auch in den alten Ländern, finden erst wieder 2016 statt. Das ist nur ein Jahr vor den Bundestagswahlen. Zu knapp, um sich dann erst zu überlegen, wie die neue konservative Partei zu greifen ist. Auch das ist eine Lehre aus dem Umgang der SPD mit der Linken: Abrupte Kurswechsel aus wahltaktischen Überlegungen honoriert der Wähler nicht. Das will vorbereitet sein.
Fazit: Die AfD ist im Parteienestablishment schon so gut wie angekommen. Die CDU wird selbst als Steigbügelhalter fungieren müssen, aus wohlverstandenem Eigeninteresse.