Krisenstimmung in Rom
Neuwahlen sind genau das, was Conte verhindern will. Nach aktuellen Umfragen könnte seine Mitte-Links-Koalition nicht weiterregieren. Wahlsieger wäre aktuell mit 24% die Lega Nord. Sie liegt in Umfragen bereits 6,5% über ihrem Wahlergebnis von 2018. Als neue politische Kraft nochmal ein Stück rechts der Lega Nord hat sich die Partei Fratelli d'Italia herausgebildet. Aktuell liegt die als rechtsextrem eingestufte Partei bei 16,4% – 2018 waren es lediglich 4%.
Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt
Zyniker werden sagen, dass vorgezogene Neuwahlen in Italien eher die Regel als die Ausnahme sind. In der derzeitigen Situation ist die politische Krise allerdings besonders prekär. Italia Viva verließ die Koalition im Streit um das Corona-Hilfspaket. Das wird in Italien wie kaum sonst wo in Europa dringend benötigt. Italiens Staatsschulden sind bis Ende 2020 auf 159% des BIP angestiegen. Vor der Krise lag der Anteil noch bei 135%. Der BIP-Rückgang 2020 in Italien beträgt 8% – in Deutschland liegt er bei 5%.
Knackpunkt des Streits ist die Forderung von Juniorpartner Renzi, den ESM-Mechanismus nutzen zu wollen. Für die EU-kritische, mitregierende 5-Sterne-Bewegung ist das ein vergifteter Apfel. Sie fürchten um die nationale Souveränität in Europa.Scheitern des Hilfspakets wäre fatal nicht nur für Italien
Sollte das Corona-Hilfspaket an diesem Streit scheitern, drohen neben der politischen Krise auch eine wirtschaftliche. Insgesamt geht es um 209 Mrd. EUR aus dem EU Next Generation Fund für Italiens Wirtschaft. Ein Scheitern hätte nicht nur Auswirkungen auf Italien, sondern auf die gesamte Stabilität der Europäischen Union.
Fazit: Kleiner Hoffnungsschimmer: Bisher sind in Italien lediglich zwei Regierungen per Misstrauensvotum gestürzt worden. Sollte Conte einen neuen Verbündeten mit dem Schlagwort "Verantwortung" für sich gewinnen können, wäre die große Krise wohl abgewendet. Doch Italien bleibt unregierbar.