Ruhe auf der Champs-Élysées
Der Druck, die autofreien Zonen in Deutschland auszuweiten, nimmt von europäischer Seite zu. Nun hat auch Paris letzte Woche angekündigt, dass weite Teile der Cité (insgesamt sieben Arrondissements) bis 2022 verkehrsberuhigt werden. Betroffen sind in Paris die historische Altstadt mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten, darunter der Eiffelturm und die bekannte Champs-Élysées und der Boulevard Saint-Germain. Von den Fahrverboten ausgenommen sollen Anwohner und Zulieferer für Geschäfte sein.
Fahrverbote liegen europaweit im Trend
Wie die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens aussehen solle, konnte Bürgermeisterin Anne Hidalgo (Parti Socialiste) noch nicht sagen. Man wolle in den nächsten Monaten und Wochen beraten und verhandeln – reichlich wenig Zeit für ein geordnetes Verfahren; das Verkehrschaos ist vorprogrammiert.
Paris liegt mit dem Schritt zur „Auto-Freiheit“ voll im europäischen Trend. Auch in London, Madrid, Mailand, Prag, Rom, Stockholm und Wien sind Fahrverbotszonen in Kraft oder in Planung.
Der Sinn ist fraglich
Eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung lehnt die Ausweitung autofreier Zonen ab. Verständlich, denn der Sinn ist fraglich. Vielerorts gibt es bereits großzügige verkehrsberuhigte Bereiche. Auch das Innenstadtsterben wird nicht dadurch aufgehalten, dass der Verkehr ausgebremst wird – im Gegenteil. Im Modellprojekt "Flaniermeile Friedrichstraße" in Berlin sind die Umsätze der Einzelhändler stark zurückgegangen – unabhängig von Corona. Die oftmals ökologische Begründung hinter den Fahrverbotszonen ist zudem technisch hinter der Kurve. Wer die Luft sauber halten will, schafft Anreize für Elektromobilität – ganz ohne Verbote.
Zudem gibt es bei der weiteren Ausweitung praktische Hürden. Viele deutsche Städte entstanden durch Zusammenschlüsse mehrerer mittelalterlicher Orte. Hinzu kommt die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Das führt dazu, dass es oftmals nicht den einen Stadtkern gibt, den man verkehrsberuhigen könnte.
Politik ist von der Trendwelle erfasst
Politischen Wind für die Ausweitung von Fahrverbotszonen machen dennoch die Grünen als die neue Großstadtpartei. Auch die SPD stößt vielerorts in dasselbe Horn. Damit segeln die Parteivertreter zwar auf der Trendwelle. Allerdings geht es am Mehrheitswillen der Bürger und an der vielerorts bereits vorhandenen Realität vorbei.
Fazit: Verkehrsberuhigungen sind vor allem in Deutschland umstritten. Die Stadtparlamente werden sich aber unter dem Schlagwort "Mobilitätswende" erneut intensiv damit befassen (müssen). Politik, Innenstadtplaner und Geschäftsbetreiber sollten sich früh um tragfähige Konzepte bemühen.