Die zweite Front
Ein neuer Gegner bedroht Russlands Machtposition in Mittelasien: China.
Droht Russland in Zentralasien eine ähnlich gefährliche Situation wie in der Ukraine? Russland steht mit China in einem harten Wettbewerb um zentralasiatische Länder. Beide wollen sie für ihre jeweiligen Freihandelszonen gewinnen. Bislang hat Wladimir Putin lediglich Weißrussland und Kasachstan als sichere Mitlieder seiner „Eurasischen Wirtschaftsunion“, die Anfang 2015 in Kraft tritt. Um die unentschiedenen Kirgistan und Tadschikistan wirbt Putin noch. Sagen ihm beide Länder ab, wird sein Traum zur Totgeburt. Russland wäre weitgehend isoliert. China spielt für diese Länder eine ähnliche Rolle wie die EU in der Ukraine. China versucht die Wackelkandidaten für das „Seidenstraße“-Projekt zu gewinnen. Am 9.11. gab Präsident Xi Jinping dafür den Startschuß. Der wichtigste Baustein des Projekts ist eine Eisenbahnlinie, die Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan verbinden soll. Zudem erleichtert es die Integration in die geplante Asiatisch-Pazifische Freihandelszone. Außerdem öffnet Peking für einzelne Länder die Geldschatulle und läßt Milliarden Dollar für wirtschaftliche Förderprogramme springen. Damit soll ihr Beitritt zu Putins Eurasiatischer Union hinausgezögert oder verhindert werden. China ist ein attraktiverer Handelspartner als Russland. Moskaus Angebote konzentrieren sich besonders auf die politischen Interessen der jeweiligen Regierungen. Kasachstan könnte Russland als Partnerland abgeworben werden. Peking möchte Kasachstan, aber auch Usbekistan und Turkmenistan ins Boot holen. Vor dem APEC-Gipfel in China besuchte Xi Jinping Kasachstan und warb dort für das Projekt. Astana liebäugelt damit, Moskau den Rücken zu kehren. Usbekistan und Turkmenistan schrecken davor zurück, rein politisch motivierten Vereinigungen wie der Eurasischen Union beizutreten. Der freie Handel und die Perspektive, Zugang zu anderen asiatischen Staaten zu bekommen, ist für sie eine attraktivere Option.
Fazit: Wladimir Putin setzte im Ukraine-Konflikt auf China. Nun gerät er im Tauziehen um zentralasiatische Staaten mit Peking aneinander. Einen militärischen Konflikt wird sich Moskau hier aber nicht leisten.