Eine Lösung für die Ukraine
Der Vormarsch der ISIS und die Wahlen in Kiew könnten zur Lösung des Ukraine-Konflikts beitragen.
Im Konflikt des Westens mit Russland um die Ukraine zeichnet sich der Lösungsweg immer klarer ab. Russland wird am Ende die Krim offiziell „behalten“ dürfen. Zugleich bekommt Moskau einen direkten Zugang zur Krim und zum Militärhafen über (dann autonomes) ostukrainisches Gebiet. Der Westen wird diese „Lösung“ absegnen. Voraussetzung ist, dass zuvor die Ukraine mit Russland entsprechende Verträge schließt. Die Parlamentswahl in der Ukraine am Sonntag ist auf dem Weg zu diesem Ziel ein Meilenstein. Das Lager von Präsident Petro Poroschenko wird als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen. Zugleich dürften die pro-russischen Kräfte im Osten des Landes vorn liegen und die innere Spaltung der Ukraine dokumentieren. Damit rückt eine Lösung näher, die dem pro-russischen Osten eine große Autonomie zuspricht und in einem völkerrechtlichen Akt die Krim Russland überlässt – im Austausch gegen Sicherheitsgarantien und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der Westen verliert bereits das Interesse am Konfrontationskurs mit Moskau. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach es in Anwesenheit des US-Außenministers John Kerry bereits aus. Der Westen müsse sich „Gedanken machen .., wie es weitergehen soll.“ Für Washington hat sich die geopolitische Bedrohungslage krass verändert. Gegenüber der Herausforderung, mit der Terrorarmee ISIS im Irak fertig zu werden, ist die Ukraine zur Nebensache geworden. Für die Amerikaner wäre vielmehr Moskau ein wichtiger Verbündeter gegen ISIS. Russland wird gebraucht, um vermittelnd auf seine Verbündeten Syrien und Iran einzuwirken. Europa hat den harten Sanktionskurs gegen Moskau nur notgedrungen eingeschlagen. Schon aus wirtschaftlichen Überlegungen möchte man in Berlin, Paris, Rom so schnell wie möglich zur Normalität zurückfinden. Der deutsche Maschinenbau verzeichnet massive Rückgänge im Russland-Geschäft. Ein politischer Erfolg der Sanktionen erscheint unrealistisch. Insofern sieht man sich in Europas Hauptstädten eher in der Sackgasse. Zudem droht die Ukraine zum Dauersubventionsfall zu werden. Das Land blutet derzeit aus. Ohne den 30-Mrd.-Dollar-Kredit des IWF wäre Kiew zahlungsunfähig. Das industrielle Herz im Osten befindet sich im Bürgerkrieg. In den Gas-Verhandlungen mit Moskau verweist Kiew ungeniert auf Brüssel, wenn es um die Begleichung der Rechnung geht. Staatspräsident Poroschenko hofft auf ein demokratisch legitimiertes Parlament am Sonntag. Dies im Rücken wäre er stark genug, Zugeständnisse gegenüber Moskau in der eigenen Bevölkerung durchzusetzen und den Konflikt zu beenden. Putins Hinhaltetaktik wäre dann zwar von Erfolg gekrönt. Aber kaum jemand im Westen oder in Kiew glaubt, dass Russland die Krim wegen der Sanktionen zurückgibt.
Fazit: Die USA haben inzwischen andere Prioritäten, allen voran die eskalierende Lage in Syrien und Irak. Das schafft viel Raum für Kompromisse mit Russland.