Technologische Blockbildung nimmt Fahrt auf
Die Zeit der weltweit geltenden technischen Standards im Technologiesektor geht zu Ende. Das wird sich in den kommenden Jahren massiv auf die bisher etablierten international einheitlichen Zuliefernetzwerke auswirken. Die Chip-Industrie macht jetzt deutlich sichtbar den Anfang.
Die USA, Japan und Holland haben sich darauf geeinigt, ihre modernsten Chipmaschinen nicht mehr an China zu liefern. Das trifft China an einer empfindlichen Stelle. Denn der Hersteller ASML hat ein technisches Monopol bei Lithografie-Maschinen. Diese werden zur Produktion von Halbleitern der neuesten Generation eingesetzt. Derartige Maschinen wird China kaum selbst entwickeln können. Das Land wird darum seinen Anspruch, bei der Halbleiterproduktion zu den führenden Nationen aufzusteigen, absehbar kaum erfüllen können.
China wird am ehesten den Marktzugang für ausländische Unternehmen einschränken
Das Reich der Mitte wird auf die westlichen Abschottungsmaßnahmen und Lieferbeschränkungen antworten. Einen zugkräftigen Hebel haben die Chinesen bei Maschinen und Vorprodukten für die Herstellung von Solarzellen und für E-Auto-Batterien. In dem Bereich verfügen chinesische Unternehmen über große Marktanteile. Zugleich ist der Westen wegen seiner forcierten Mobilitäts- und Energiewende auf solche Maschinen angewiesen. Exportbeschränkungen Chinas könnten die Entwicklung neuer Fabriken in Europa und den USA zumindest verzögern. Für Maschinen für die Solar-Industrie wurden solche Maßnahmen in China bereits diskutiert.
Es sind aber auch andere Abschottungsmaßnahmen denkbar. Die Expertin beim Merics-Institut Antonia Hmaidi meint, dass sich China bewusst ist, das es technologisch nicht dominant ist. Sie vermutet daher, dass das Reich der Mitte als Reaktion auf die westlichen Einschränkungen eher den Zugang zum eigenen Markt in anderen Bereichen begrenzen oder Fusionen westlicher Firmen verhindern wird.
Internetprotokoll könnte sich spalten
Auch auf anderen Feldern werden sich technische Standards in den kommenden Jahren auseinanderentwickeln. Nach Chinas Willen soll der zukünftige Internetstandard IPv6+ neben den IP-Adressen auch Angaben über den Inhalt und die Click-Route beinhalten. Diese zusätzlichen Informationen sind relevant, wenn eine enge Kontrolle ausgeübt werden soll. Hier droht eine Spaltung des Internets, das dann mit unterschiedlichen Standards arbeiten würde, wenn westliche Staaten dem Vorstoß Chinas nicht folgen.
Kein einheitlicher 6G-Standard
Ähnlich ist die Positionierung beim 6G-Mobilfunk. Die Europäer sind praktisch auf den amerikanischen Kurs eingeschwenkt. Der hat zum Ziel, das Setzen von Standards durch China einzudämmen. Das könnte dazu führen, dass 2025, wenn der neue Mobilfunk-Standard definiert wird, eine Spaltung in zwei technische Systeme vollzogen wird. Die USA haben schon die Next G-Alliance aufgesetzt, bei der zwar europäische, aber keine chinesischen Anbieter teilnehmen dürfen.
Regionale Standards verlangsamen Fortschritt
Die Trennung in regionale Standards wird den Fortschritt verlangsamen. Denn es würden weniger Entwickler an einem Standard arbeiten. Der Wettbewerb zwischen verschiedenen Standards würde wohl nicht mehr stattfinden, weil jeder Block sich entscheiden würde. Das könnte dazu führen, dass die Standards insgesamt schlechter werden, also nicht mehr die aktuellen technischen Möglichkeiten ausreizen. Außerdem steigen im Blockgrenzen überschreitenden Verkehr die Kosten, da zwei Systeme genutzt werden müssten.