An den Finanzmärkten und Börsen wächst die Unruhe und Anspannung. Der Grund: Die Berechenbarkeit nimmt gerade rapide ab. Dafür gibt es viele Gründe. Einerseits setzt sich das Rätselraten über die geldpolitische Wende der US-Notenbank fort. Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Zwar wird Fed-Chef Jerome Powell morgen (Freitag) eine Rede halten. Die Finanzmarktteilnehmer erwarten zwar eine Orientierung zum künftigen Fed-Kurs. Etwas Neues wird Powell aber nicht erzählen.
Der wichtigste Termin ist das laufende Notenbanktreffen in Jackson Hole (bis Samstag). Auf dem wird es - wenn auch nur virtuell wie schon im Vorjahr - darum gehen, welchen Kurs dir großen Notenbanken bei der geldpolitischen Wende fahren. Wir erwarten, dass die Fed noch in diesem Jahr ihre Anleihekäufe reduziert. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird diese nicht tun. Diese Kursdifferenzierung wird Folgen für die Börsen, aber auch für die Wechselkurse und Edelmetalle haben. Wir erwarten aber auch, dass die Notenbankchefs das Vorgehen in Jackson Hole nur besprechen und danach zunächst noch weitere Wochen die geldpolitische Wende moderieren.
Geldpolitische Wende und konjunktureller Gegenwind
Parallel dazu verdichten sich immer mehr kritische fundamentale Wirtschaftsfaktoren. Dass sich die Konjunktur in China leicht abkühlt, haben die Börsen schon zur Kenntnis genommen. Dass auch im Reich der Mitte, so wie saisonal zu erwarten, die Corona-Zahlen wieder anziehen, wird bislang noch ausgeblendet. Auch die angespannten und zum Teil gestörten Lieferketten sind bekannt. Allerdings manifestieren sich die Auswirkungen immer deutlicher in der Produktion und den Preisen. Das zeigt auch der ifo-Geschäftsklimaindex an. Dem zufolge ist die aktuelle Lage gut, aber die Aussichten verschlechtern sich bereits den zweiten Monaten in Folge.
Apropos Preise: Die ziehen weiter an und allmählich dämmert es einer wachsenden Zahl von Beobachtern, dass die Inflation kein vorübergehendes Phänomen sein wird. In den USA, Europa und Deutschland steigen die Preise kräftig. Und insbesondere hierzulande keimt jetzt noch die Sorge vor einer Lohn-Preis-Spirale auf.
Risiko einer Lohn-Preis-Spirale
Angesichts schwungvoll anziehender Preise schrauben die Gewerkschaften in Deutschland ihre Lohnforderungen in die Höhe. Und der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz verspricht eine Lohnerhöhung von fast 25% für 10 Millionen beschäftigte. Auch Grüne und Linke forcieren ihre Mindestlohn-Forderungen (ausführliche Analysen dazu im FUCHSBRIEF). Selbst wenn es nicht so weit kommt, der Lohndruck wird deutlich zunehmen. Und zugleich kommen Unternehmen durch immer mehr politisch forcierte Regulatorik (z. B. Nachhaltigkeit) unter Handlungszugzwang. Auch das wird perspektivisch auf die Margen drücken und folglich den Preisdruck erhöhen.