Inflations-Unsicherheit steigt
EZB setzt auf das Prinzip Hoffnung
Die EZB setzt zu Beginn der Zinspause auf das Prinzip Hoffnung. Sie verweist auf die sich abkühlende Konjunktur, die ihr Luft gebe, mit weiteren Zinserhöhungen abzuwarten. Wir meinen weiterhin, dass die EZB damit der Inflation weitere Luft lässt, sich auf erhöhtem Niveau festzusetzen. Denn die Inflationsrate in Europa bleibt nach wie vor zu hoch (akt. 5,3%). Die beiden Schwergewichte Deutschland (6,5%) und Italien (6,3%) liegen weit über dem angepeilten Ziel.
Es ist zwar richtig beobachtet, dass die bereits getätigten Zinserhöhungen wirken. Insbesondere am Kreditmarkt werden die Auswirkungen bereits sichtbar und streuen ihre Wirkungen in die Konjunktur, z.B. in den Immobilienmarkt, der in Deutschland geradezu einbricht.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Die Inflationsrate wird aber dadurch - wider das Erwarten der "Geldhüter" - nicht deutlich fallen. Denn unterliegende Preistreiber bleiben stark. Die Rohstoffpreise bleiben hoch, Energie wird in den nächsten Winter-Monaten wieder teurer werden. Das zeigt sich bereits beim Öl- und Gaspreis. Arbeitskräfte bleiben strukturell Mangelware, selbst bei eine abkühlenden Konjunktur. Denn viele Unternehmen werden Entlassungen angesichts des Fachkräftemangels und der demographischen Aussichten nur als letztes Mittel in Betracht ziehen. Der Preisdruck bleibt auch hier also eher hoch.
Die Frage ist, was die Börsen aus der Konstellation machen. Wir erwarten nicht, dass die Zinspause die zähe Seitwärtsphase bei Dax und Dow beenden wird. Denn die meisten Anleger bekommen von den Notenbanken geliefert, was sie erwartet haben. Das zeigt auch der Fear&Greed-Index an, der schon länger nahezu reglos im neutralen Bereich verharrt.
Unsicherheit wächst, Kursschwankungen werden zunehmen
Die Schwankungsbreite (Volatilität) dürfte zulegen. Denn die "Geldhüter" können die Märkte nicht mehr so steuern, wie bisher. Die Politik der forward guidance ("Zinspolitik mit Ansage") ist angesichts der Fahrt auf Sicht nicht mehr möglich. Zudem zeigen Blicke in die Beratungsprotokolle der Notenbanker, dass der interne Streit um den richtigen Zinskurs immer schärfer wird. Es gibt also durchaus das Potenzial für Überraschungen. Hinzu kommt das Risiko, dass die Märkte "auf dem falschen Fuß erwischt" werden. Das könnte passieren, wenn die Erwartungen baldiger Zinssenkungen enttäuscht werden.
Fazit: Die Zinspause wird keinen neuen Börsentrend auslösen. Wir gehen von zunehmender Schwankungs-Intensität aus. Im Rest des Jahres dürfte agiles taktisches Handeln Gewinne bringen. Strategisch wird es vereinzelt gute Kaufzeitpunkte geben.
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