Volles Risiko, halbe Rendite
Anleger möchten ihr Vermögen mehren. Alleine schaffen sie es meist nicht. Sie benötigen Profis an ihrer Seite und die kosten Geld. In der aktuellen Erhebung der FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ betragen die Standardgebühren von klassischen Vermögensmanagern 1,25% „all in“ – zzgl. Umsatzsteuer. Basis ist ein Depot im Wert von 1,1 Mio. EUR und einer Aktienquote von 50%. Mit etwas Verhandlungsgeschick schaffen es Vermögende vielleicht, die Kosten auf 1,0% plus Umsatzsteuer zu drücken. Viel mehr ist nicht drin, denn der Kostendruck durch die zunehmende Regulierung und das geringe Potenzial aus dem Zinsgeschäft macht den Banken zu schaffen.
Die Niedrigzinsphase verursacht dem Anleger ein spezielles Problem. Es gibt einen „Verteilungskampf“. Die Frage lautet: „Wer bekommt vom erwirtschafteten Ertrag welchen Anteil?“. Die Beteiligten: der Staat, der Vermögensverwalter und der Investor, der sein Geld gibt.
Renditeerwartung bei 3,5 %
Dazu eine Rechnung: Basis ist das o. g. Portfolio mit 50% Aktien und 50% Anleihen. Die langfristige Ertragserwartung vor Kosten und Steuern beträgt 3,50% p. a. Dieser Wert ergibt sich aus der Addition von Risikoprämien für Aktien und Anleihen auf den sicheren Zins. (Details zur Berechnung siehe FUCHSBRIEFE-Ausgabe vom 29.07.2019 oder Beitrag von Jörg Richter im Fuchs Jahrbuch 2020, Anlegen im Japan-Modus).
Nun greift der Staat gleich zweimal zu. Zum einen will er 26,375% vom Ertrag (Abgeltungssteuer plus Soli-Zuschlag). Zusätzlich vereinnahmt er (bei deutschen und österreichischen Anbietern) die Umsatzsteuer auf das Verwalterhonorar. In Deutschland beträgt sie 19%, im Alpenland 20%. Der Vermögensverwalter will – so unsere Annahme – 1% p. a. plus Umsatzsteuer für seine Leistungen.
Es bleibt wenig übrig
Es gibt daher zwei Bemessungsgrundlagen: Vermögensverwalterhonorar und damit auch die Umsatzsteuer des Staats basieren auf der Vermögenshöhe. Die Abgeltungssteuer ist dagegen vom Ertrag abhängig. Hier die Zahlen für das Musterportfolio:
Nettoertrag reduziert sich kräftig – bei vollem Risiko
Von den 3,50% bleiben also 1,39% Nettoertrag (vor Inflation) für den Anleger über. Das Ergebnis des Verteilungskampfes: 6/10 des mühsam erwirtschafteten Ertrags gehen an Staat und Vermögensverwalter. Nur 4/10 bleiben beim Investor (siehe Grafik).
Risikoscheue Anleger stärker betroffen
Diese Verteilung verschlechtert sich für den Anleger, wenn er defensivere Depots bevorzugt. Denn zwei Komponenten (VV-Gebühr und Umsatzsteuer) fallen unabhängig vom Ertrag an. Bei einem Portfolio mit nur 30 % Aktien erhält der Vermögensverwalter 4/10, der Investor nur 2,6/10 des Ertrags. Der Rest fließt an den Staat.
Ein katastrophales Bild aus Anlegersicht ergibt sich mit der geplanten Einführung der Vermögenssteuer, deren Berechnungsbasis die Vermögenshöhe ist. Beträgt diese 1%, verbleiben beim o. g. 50/50-Depot nur 11/100 des Jahresertrags beim – von der Zusatzsteuer betroffenen – Investor. Die Inflation wird dafür sorgen, dass es sich um einen realen Vermögensverlust handelt.