Fake-Bewertungen verzerren den Markt
Händler haben beim Versuch gegen gefälschte Bewertungen auf Internet-Plattformen wie Amazon vorzugehen schlechte Karten. Das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil ehrliche Unternehmen sich gegen Konkurrenten, die sich gute Bewertungen kaufen, kaum zur Wehr setzen können.
Masse hat größeren Einfluss auf Kaufverhalten als Klasse
Dass Produktbewertungen einen großen Einfluss auf das Online-Kaufverhalten haben, zeigt eine Auswertung der Uni Amsterdam. Ein Forschungsteam hat insgesamt 96 Studien zum Thema Produktbewertungen zusammengefasst. Der eindeutige Befund: Alle Studien kommen zum Schluss, dass positive Produktbewertungen den Umsatz signifikant erhöhen. Interessant ist dabei auch, dass die absolute Zahl der Bewertungen einen Einfluss auf das Kaufverhalten hat. Produkte mit sehr vielen Bewertungen werden eher gekauft, als Produkte mit wenigen, aber dafür sehr guten Bewertungen. Der Handelsverband Deutschland nennt das den „Herdentrieb“ der Konsumenten.
Diese Mechanismen lassen sich ausnutzen. Mittlerweile hat sich eine regelrechte Fake-Bewertungsbranche aufgebaut, die durch Corona nochmal weiteren Schub bekommen hat. Laut dem Überwachungsdienst Fakespot Inc. waren 42% aller 720 Mio. Amazon-Bewertungen von März bis September 2020 gefälscht – das entspricht 300 Mio. Bewertungen. Im Vorjahreszeitraum waren es "erst" 36%.
Mühsamer Kampf mit wenig effektiven Gegenmitteln
Amazon wehrt sich zwar dagegen. Der Online-Beinahe-Monopolist hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 200 Mio. dieser Bewertungen gelöscht. Auch einige Händler, die mit eigenen Bewertungen ihre Produkte pushen wollten, wurden gesperrt. Zudem hat das Unternehmen allein in Deutschland seit 2018 insgesamt 30 Unternehmen angeklagt, die mit Fake-Bewertungen Geschäfte machen.
Klar ist allerdings auch, dass trotz dieser Maßnahmen viele gefälschte Bewertungen weiter bestehen bleiben. Und immer neue kommen nach. Nutzer können zwar gefälschte Bewertungen melden. Das setzt allerdings voraus, dass sie diese zuvor erkennen. Auch manuelle oder automatische Filter der Bewertungsportale wären eine Möglichkeit. Am Beispiel Amazon zeigt sich jedoch, dass diese Sicherheitsnetze große Löcher aufweisen.
Fazit: Im Fall von Internet-Bewertungen zeigt sich leider, dass der ehrliche Kaufmann das Nachsehen hat. Um im Wettbewerb die Nase vorn zu haben, setzen viele Unternehmen – nolens volens – auf unlautere Mittel.
Hinweis: Laut der Amsterdamer Studie gilt im Produktmarketing das Prinzip Masse vor Klasse. Animieren Sie Ihre Kunden daher zu "echten" Bewertungen. Interessierte Neukunden werden darauf achten.