Emotional und renditeträchtig, aber nicht ohne Gefahren
Wer im weitesten Sinne Kunst kauft, muss flexibel sein. Es gibt keine „All-in-one“-Lösung. Versuche, Kunstfonds für Vermögende zu etablieren, sind gescheitert. So hat die Berenberg Bank ihren „Art Capital Fund“ bereits nach wenigen Monaten Laufzeit eingestellt. 200 Werke sollten erworben und nach einigen Jahren mit viel Gewinn verkauft werden. Mehr als 7% Rendite erwartete damals das Bankhaus. Doch das Projekt scheiterte 2013 u. a. an regularischen Hürden.
Sein Vermögen in Kunstgegenstände zu investieren, bringt Vorteile. Es entsteht damit eine eigene Vermögensklasse, die sich relativ unabhängig zu Aktien, Anleihen oder anderen Vermögensgegenständen verhält. Das erhöht die Diversifikation und Risikostreuung.
Steuerfreiheit nach 12 Monaten
Kunst bringt keine laufenden Erträge wie Zinsen oder Dividenden. Der Gewinn kommt ausschließlich aus Wertsteigerungen. Aber dieser ist für den Investor i. d. R. steuerfrei zu vereinnahmen. Voraussetzung: Das Kunstobjekt wird mindestens 12 Monate gehalten. Ansonsten muss der Mehrwert versteuert werden, wenn er mehr als 600 Euro im Jahr beträgt.
Dabei gilt aber nicht das einzelne Stück, sondern die Summe aller Geschäfte eines Jahres als Grenze. Zu oft kaufen und verkaufen sollte man seine Kunstgegenstände ohnehin nicht. Denn sonst kann – vergleichbar dem Immobilienhandel – von einer gewerblichen Tätigkeit ausgegangen werden. Dann sind alle Gewinne steuerpflichtig. Der Investor sollte möglichst Sammler mit Geduld und nicht Kunsthändler sein.
Vorteile bei Erbschaften
Kunst als Vermögensanlage bietet bei der Vermögensnachfolge etliche Vorteile. Der Staat gewährt 100% Steuerbefreiung für Kunstobjekte. Allerdings müssen diese dem öffentlichen Interesse für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft zugeordnet sein und u. a. sich mehr als 20 Jahre im Familienbesitz befinden.
Auch eine Steuerbefreiung von 60% ist möglich, wenn die Kunst der Forschung oder Volksbildung zur Verfügung gestellt wird, z. B. an Museen ausgeliehen wird. Die Hürden für diese Privilegien sind also hoch.
Gestaltungsspielraum beim Schenken und Vererben
Dennoch entstehen Spielräume für die Bewertung für die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Denn anders als bei der Aktie oder einer Anleihe steht der Wert eines Kunstgegenstandes nicht eindeutig fest. Das Ziel sollte sein, dass der niedrigere Wert in einer Preisspanne für das Kunstobjekt für die Steuerzahlung zugrunde gelegt wird.
Sollte eine Vermögenssteuer in Zukunft gezahlt werden müssen, gilt dies ebenso. Daher sollte die Kommunikation mit dem Finanzamt gut vorbereitet sein und möglichst auch von Kunstexperten fachlich begleitet werden.
Nicht ohne Gefahren
Wer sich auf dem Kunstmarkt als Anleger tummeln will, sollte einige Tipps beherzigen: Kunst ist keine risikolose Anlage. Im Gegenteil: Der künftige Preis ist nicht gut zu prognostizieren. Ob ein Künstler besonders begehrt und beliebt ist und viele Sammler seine Objekte haben wollen, hängt von Faktoren wie z. B. dem Zeitgeist oder dem Geschmack der Masse der Kunstliebhaber ab, die nicht planbar sind. Auch besteht die Gefahr des Totalverlustes durch Brand oder Diebstahl. Und auch das Risiko, einem Betrüger oder unseriösen Händler über den Weg zu laufen, ist erheblich. Fälschungen sind genauso möglich wie viel zu hohe Preise, die bezahlt werden.
Daher: Kunst sollte vor allem gefallen. Wer nur unter Renditegesichtspunkten Kunst erwirbt, übersieht, dass die Emotion den besonderen Mehrwert und „Spaßfaktor“ bei dieser Kapitalanlage bringt. Kunst sollte – so lässt es sich auf den Punkt bringen – mit den Augen und dem Herzen, nicht mit den Ohren gekauft werden.
Galerien als Partner
Wer in Kunst investieren will, sollte auch viel Zeit mitbringen, den Kunstmarkt zu durchringen und zu verstehen – insbesondere in dem Bereich, wo sie oder er investieren will.
Kunstinvestoren sollten sich von Profis begleiten lassen. Ein, zwei oder drei Galerien sollten Wegbegleiter sein, die mit ihrer Erfahrung und Marktkenntnis vor Fehlentscheidungen bewahren.
Ruhig oder spekulativ
Wie beim Aktienmarkt gibt es eher „ruhige“ und spekulative Investments. Besonders die Werke junger Künstler können hohe Renditen einbringen. Allerdings kann sich diese Hoffnung schnell in Luft auflösen. Ein scheinbar „großer Stern“ am Kunsthimmel verglüht auch schnell mal wieder. Dann ist auch ein Verlustgeschäft möglich – falls man überhaupt verkaufen will. Denn wenn einem das Bild oder die Skulptur weiter gefällt, ist dies die „Rendite“ für den Investor.
Bei international bekannten Künstlern wie Andy Warhol ist der Markt dagegen sehr liquide. Und die Wahrscheinlichkeit, das Objekt nach einigen Jahren mit Gewinn zu verkaufen, ist recht hoch. Allerdings sind auch die Einstandspreise häufig schon happig.
Diversifikation elementar
Wie man als Anleger nicht nur eine Aktie kauft, sollte das Ziel sein, 10 bis 20 Objekte zu erwerben, um das Risiko zu verteilen. Daher sollten Investoren sich vorab klar machen, welcher Anteil ihres Vermögens in Kunst investiert werden soll. Daraus leiten sich dann auch die Investitionsvolumina ab.
Wer über 5 Mio. Euro Gesamtvermögen verfügt und – ggfs. nach reiflicher Diskussion mit seinem vertrauten Vermögensplaner – entscheidet, 10% in Kunst zu investieren, hat ein Budget von 500.000 Euro zur Verfügung. Verteilt auf 20 Objekte verbleiben durchschnittlich 25.000 Euro je Einzelwert. Das bedeutet zugleich 20 Mal viel Freude und Spannung beim Investieren.
Fazit: Kunst ist für Vermögende ein interessantes Investitionsfeld mit einem ansprechenden Renditepotenzial und etlichen steuerlichen Vorteilen. Es ist ein emotionales Investment. Die Anlage sollte über diesen Faktor „Freude“ hinaus aber systematisch angegangen werden.
Dr. Jörg Richter Dr. Richter | Kanzlei für Vermögen GmbH Partner FUCHS|RICHTER PRÜFINSTANZ