Das Pfund im Niemandsland
Die Briten isolieren sich selbst – und um das Pfund wird es einsam. In UK tobt ein neuer Brexit-Streit. Er verschafft dem Kontinent Aufklärung, warum die Brexiteers zwar den Austrittsvertrag (Withdrawal Agreement, WA) von Premier Boris Johnsons Vorgängerin Theresa May blockiert haben. Aber den aus Brexiteer-Sicht eigentlich schlechteren Vertrag des amtierenden Prime Ministers mit dem Nordirland-Protokoll samt der Zollgrenze in der Irischen See akzeptiert haben.
Vertragsbruch als politisches Stilmittel
Der von Johnson ausgehandelte Vertrag soll jetzt nach seinen eigenen Worten "unerträglich" und "nicht hinnehmbar" sein. Dabei hatte er ihn vor weniger als einem Jahr der eigenen Partei mit eiserner Hand aufgezwungen. Des Rätsels einfache Lösung lautet: Es war nie beabsichtigt, diesen Vertrag zu erfüllen. Das hat Bernard Jenkin, einer der führenden Köpfe der European Research Group, dem Club der Euroskeptiker innerhalb der Toryfraktion, jüngst in einem Namensartikel klargestellt.
Der Vertragsbruch war vielmehr Teil des Deals, mit dem Johnson die Zustimmung der Euroskeptiker zum Vertrag gekauft hat: „We only have a WA because eurosceptic Conservatives, such as myself, voted for it to help the nation out of a paralysing political crisis. (. . .) We made clear, however, that this agreement was barely ‘tolerable’ and only voted for it against assurances given by government: that it was just a starting point for negotiations; that it would be superseded by a full FTA; and, if needs be, could be repudiated.“
Wer finanziert künftig die Briten?
Jenkin lässt auch keinen Zweifel daran, dass es für das Freihandelsabkommen („FTA“) mit der EU nur eine Lösung gibt: vollen Zugang zum Binnenmarkt auch für die Dienstleistungen verbunden mit „full regulatory autonomy“ für die Briten. Jenkin könnte genauso gut fordern, die EU möge sich selbst auflösen.
Was außer einem harten Brexit soll dabei heraus kommen? Und wer will im Fall des harten Brexits noch das laufende Defizit der Briten finanzieren? London macht das eigene Volk zu Flagellanten. Man peitscht sich selbst.
50% Abwertung nötig
Zum Ausgleich des Defizits ist nach einer groben Schätzung der Commerzbank eine Abwertung des Pfunds um rund 50% nötig. Also eine Größenordnung um 1,30-1,40 Pfund je Euro. So ein Währungsabsturz würde allerdings wohl auch eine Zahlungsbilanzkrise auslösen, die ihrerseits das Pfund weiter schwächen würde.
Fazit: Wir sehen kaum noch Chancen, einen harten Brexit zu verhindern. Denn Johnson kann so wenig wie zuvor Theresa May einen Kompromiss mit der EU an den Hardlinern vorbei durchs britische Parlament bringen.
Empfehlung: Wir halten die Wette auf einen starken Yen gegen ein schwaches Pfund für besonders aussichtsreich. Ein Vehikel auf eine solche Wette ist der bereits am 20.6. vorgestellte, gehebelte JPY|GBP-Put der DG Bank (ISIN: DE000DG4JJ69).