Ein paar Schwalben, aber noch kein Sommer
Schwache Stabilisierung
Die Politik sorgt für Beruhigung, die Wirtschaft nur begrenzt. Nach Abschluss der Verhandlungen mit Griechenland ist das Vertrauen in die europäische Währung wieder gewachsen. Daher stieg der Euro per Ende August gegenüber so gut wie allen wichtigen Währungen. Die Zahlen für das 2. Quartal 2015 waren allerdings in den meisten Euro-Volkswirtschaften weniger erfreulich. Zwar stieg das BIP aller 19 Euro-Länder insgesamt um 0,3% zum Vorquartal. Jedoch gab es neben Licht auch viel Schatten. Gegenüber dem Vorquartal stagnierte die französische Wirtschaft. Die um 1,7% gestiegenen Exporte verhinderten einen Rückgang. Italien legte nur schwach um 0,2% zum ersten Quartal zu, getragen vom Dienstleistungssektor. Portugal meldete ein Wachstum von 0,4% zum Vorquartal, ebenso die deutsche Wirtschaft. Erfreulich: Spaniens starker Zuwachs von 1%.
Der seit Jahren schwache Euro-Kurs führt zu kontinuierlich höheren Exporten. Durch die niedrigen Rohstoffpreise sinken zugleich die Importwerte. Folge: Die gesamte Eurozone weist eine positive Handelsbilanz auf. Ihr Wert steigt stetig. Aber: Der Konsum ist insgesamt schwach. Dank kauffreudiger Verbraucher in Deutschland zeigen die Einzelhandelsverkäufe auf Jahresbasis die Tendenz zur Besserung. Im Juni stiegen die Verkäufe um 1,2%. Es fehlt jedoch die breite Basis aus anderen Ländern, um den Konsum stärker zu beleben.
Die Arbeitslosenrate hält sich auch im Juli zäh bei 11% für die gesamte Euro-Zone. Einen extremen Wert weist Spanien mit 22,37% aus. Die Arbeitslosigkeit geht nur langsam zurück. Das Wachstum ist immer noch zu schwach, um stärkere Impulse zu liefern. Auf lange Sicht belasten hohe Staatsschulden (Italien, Portugal) und die hohe Verschuldung der Haushalte und Unternehmen (besonders in Spanien) die Wirtschaft und begrenzen das Kurspotenzial des Euro.
Fazit: Die Tendenz eines festeren Euro dürfte angesichts der schlechten Nachrichten aus anderen Weltregionen anhalten. Bei 1,150 USD/Euro besteht aber eine Widerstandslinie, die ohne wesentlich bessere Wirtschaftsdaten kaum durchbrochen wird.
Leitzinserhöhung – oder nicht
Im Dezember 2014 bereitete Fed-Chefin Janet Yellen die Märkte auf eine Leitzinserhöhung in 2015 vor. Gleichzeitig beruhigte sie die Märkte, indem sie betonte, diese langsam angehen zu wollen. Seit Dezember 2008 liegt der Leitzins bei 0,25%. Im März verstärkte die Fed ihre Andeutungen. Viele Beobachter erwarteten schon für den Juni eine Erhöhung. Die blieb aus. Kommt sie nun im September? Bis zuletzt war sich das Gros der Beobachter noch einig: Ja. Wir sahen das anders. Mittlerweile gehen insbesondere nach den schlechten Nachrichten aus China nur noch 25% von einer Erhöhung im September aus. Aber auch die US-Daten sprechen nicht unbedingt für die Zinswende jetzt.
Nach einer Phase schwachen Wachstums hat sich die US-Wirtschaft stabilisiert. Sie wächst seit Anfang 2014 mit Raten von über 2% im Vorjahresvergleich. Im 2. Quartal 2015 lag das Wirtschaftswachstum nach neuesten Zahlen bei 3,7%. Die Erwartungen fürs Gesamtjahr lagen bisher bei 2,6 bis 3%. Sie könnten nach der jüngsten Revision näher am oberen Rand der Spanne liegen.
Mit dem Wirtschaftswachstum verringerte sich die Arbeitslosenrate stetig. Im Juni und Juli 2015 lag sie bei 5,3%. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes spielt für Entscheidungen der Fed eine zentrale Rolle. Ziel der Notenbank ist eine Arbeitslosenquote von 5,2 bis 5,5%. Aktuell seien aber noch zu viele teilzeitbeschäftigt oder hätten die Jobsuche ganz aufgegeben, so Yellen. Die Arbeitslosenzahlen spiegeln also nicht die Realität wider.
Gegen eine Leitzinserhöhung spricht die niedrige Inflationsrate. Sie lag im Juni bei 0,2%. Weit entfernt von den 2%, die die Fed anstrebt. Ein weiteres Problem sind die schwachen Exporte. Infolge des starken Dollars sind sie seit Anfang 2015 niedriger als im Vorjahr. Damit erhöhte sich auch das Außenhandelsdefizit der USA.
Fazit: Seit Jahresbeginn pendelt der Dollarkurs in einem engen Bereich zwischen 1,050 und 1,150 Dollar/Euro. Ohne Zinserhöhung der Fed bleibt es bei dieser Seitwärtsbewegung. Kommt es bei der Fed-Sitzung am 16./17. September dazu, dürfte der Dollar auf Pari zustreben. Wir erwarten jedoch eine nochmalige Verschiebung des Erhöhungstermins.
Wirtschaftlicher Dämpfer
Das zweite Quartal 2015 war ein Rückschlag bei den Bemühungen der Politik, Japan aus der Deflation zu führen. Es lief schwächer als erwartet. Die Wirtschaftspolitik von Premier Shinzo Abe will nicht richtig zünden. Seit seinem Amtsantritt Ende 2012 hat er sie in den Fokus seiner Politik gerückt. Sein Programm besteht aus einer Ausweitung des Geldvolumens und dem Ankauf von Staatsanleihen (Quantitative Easing), aus kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen und aus Reformen und Deregulierungen. Auch deshalb liegt der Leitzins seit 2010 bei 0%. Ziel war der Ausbruch aus den seit Anfang der neunziger Jahre immer wiederkehrenden deflationären Tendenzen.
Nach einem Wachstum im 1. Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt im 2. Quartal um 1,6% geschrumpft (auf Jahresbasis). Besonders der starke Rückgang der Konsumausgaben um 0,8% zum Vorquartal kam unerwartet. Auch der Export hat an Dynamik eingebüßt. Die Ausfuhren nach China gingen um 4,4% zurück. Nachdem seit 2013 recht ordentliche Inflationsraten von teilweise über 3% erreicht worden waren, sank die Inflationsrate im April auf 0,6%. Im Juni lag sie bei 0,4%, die Kerninflation bei 0,1%.
Dennoch ist die japanische Regierung für die kommenden Quartale optimistisch. Dafür sprechen einige Indikatoren. Dazu gehört die recht hohe und nach einem Rückgang im Februar und März wieder gestiegene Anzahl offener Stellen. Auch die seit April stetig steigende Erwerbsquote bei kaum veränderter Arbeitslosenrate spricht für eine Aufhellung der wirtschaftlichen Aussichten. Das Unternehmensvertrauen ist im letzten Quartal stärker gestiegen als erwartet.
Die bisherigen Strukturreformen der Regierung Abe reichen nicht aus. Einige Märkte wurden liberalisiert, die Erwerbsbeteiligung der Frauen soll steigen. Der Unternehmensteuersatz wurde abgesenkt.
Fazit: Nach dem schwachen zweiten Quartal deuten wichtige Frühindikatoren auf eine bessere wirtschaftliche Entwicklung hin. Auch wenn die Notenbank versucht, den Yen zu schwächen, sollte dies bis Ende September zu einem leicht stärkeren Yen führen – bei etwa 135 je Euro.
Yuan-Abwertung
Das war ein Knalleffekt für die Märkte! Am 11. August 2015 wertete die Chinesische Notenbank den Yuan um 1,9% ab, am 12.8. um weitere 1,6%. Die chinesische Zentralbank setzt jeden Tag zu Handelsbeginn einen Referenzkurs des Yuan zum Dollar fest. Um diesen Kurs darf der Yuan um 2% schwanken. Seit dem 11. August orientiert sich der Referenzkurs am Schlusskurs des Vortags. Damit richtet sich der Yuan-Kurs stärker nach den Marktkursen als bisher.
Von einem Währungskrieg kann allerdings keine Rede sein. Etliche Medien hatten dies nach der gestuften Abwertung behauptet. Der Yuan hat eine lange Phase der Aufwertung hinter sich. Schon seit 1994 war er an den Dollar gekoppelt.
Dass die stärkere Freigabe zu einer Abwertung des Yuans geführt hat, kam der chinesischen Notenbank sicher recht. Das Wirtschaftswachstum Chinas verlangsamt sich. Im 2. Quartal 2015 lag es noch bei 7% (auf Jahresbasis). Experten vermuten, dass es tatsächlich sogar unter 7% liegt.
In den Exporten zeigte sich die wirtschaftliche Abkühlung besonders stark. Sie sind im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 8,3% gefallen. Auch die Zahl der offenen Stellen war in den ersten beiden Quartalen 2015 geringer als in den Vergleichsquartalen der beiden Vorjahre. Dies deutet darauf hin, dass keine schnelle Konjunkturverbesserung zu erwarten ist. Der Konsum (+10,5%) wächst zwar langsamer als in den jeweiligen Vorjahresmonaten, bleibt aber eine Konjunkturstütze.
Fazit: Die Abwertung des Yuan bringt keine sofortige Erholung für Chinas Exportwirtschaft. Zunächst sind vielmehr weiter schlechte Nachrichten aus China zu erwarten. Der Yuan wird daher im Verlauf des September weiter verlieren. Für Ende September sehen wir Werte um 7,400 CNY/EUR voraus.
Wechselkurs- und Zinsprognose auf 12 Monate
Kurs Vorjahr | Kurs aktuell | 3. Quartal 2015 | 4. Quartal 2015 | 1. Quartal 2016 | 2. Quartal 2016 | ||
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EURO | USD | 1,338 | 1,09 | 1,01 - 1,11 | 1,00 - 1,05 | 1,05 - 1,12 | 1,08 - 1,15 |
CHF | 1,217 | 1,005 | 1,03 - 1,05 | 1,03 - 1,06 | 1,07 - 1,11 | 1,09 - 1,13 | |
GBP | 0,793 | 0,70 | 0,70 - 0,73 | 0,72 - 0,75 | 0,73 - 0,80 | 0,75 - 0,83 | |
JPY | 137,1 | 136,00 | 128 - 136 | 134 - 141 | 137 - 144 | 140 - 148 | |
3-Monatsgeld | 0,16 | -0,02 | 0,00 - 0,10 | 0,02 - 0,10 | 0,02 - 0,10 | 0,05 - 0,20 | |
10-Jährige Anleihe Bund | 1,17 | 0,65 | 0,25 - 0,75 | 0,50 - 0,75 | 0,50 - 0,90 | 0,65 - 0,90 | |
USD | JPY | 102,9 | 123,5 | 120 - 130 | 124 - 130 | 127 - 133 | 127 - 133 |
3-Monatsgeld | 0,28 | 0,22 | 0,20 - 0,50 | 0,20 - 0,50 | 0,30 - 0,80 | 0,40 - 0,90 | |
10-Jährige Anleihe Bund | 2,56 | 2,39 | 2,20 - 2,55 | 2,25 - 2,75 | 2,40 - 2,80 | 2,40 - 2,80 | |