Zinsdynamik unterschätzt
Die US-Börsen klettern unbeirrt weiter. Die jüngste Zinserhöhung der US-Notenbank lässt die Märkte kalt. Einerseits war der dritte Zinsschritt der Fed in diesem Jahr kommuniziert, somit auch erwartet und eingepreist. Zudem bleibt das Zinsniveau mit einem Leitzins von 1,25 bis 1,5% günstig. Andererseits sind die US-Konjunkturdaten weiter solide. Offenbar wirken die Zinsschritte fundamental noch nicht bremsend und es dominiert die Zuversicht, dass die Unternehmen mit dem steigenden Zinsniveau zurecht kommen.
Fed-Chefin Janet Yellen verabschiedet sich mit der eingeleiteten Zinswende aus ihrem Amt. Am 31. Januar endet ihre Amtszeit an der Spitze der US-Notenbank. Danach übernimmt Jerome Powell den Fed-Vorsitz. Der gilt auch als enger Vertrauter des US-Finanzministers Steven Mnuchin.
Trumps Steuerreform wird sich auf Wirtschaftsdynamik auswirken
An den Märkten wird darüber spekuliert, ob die US-Regierung künftig stärkeren Einfluss auf die Fed-Politik ausüben wird. Ein wichtiges Motiv dafür gäbe es: Wird die Steuerreform Trumps umgesetzt, muss der ohnehin hoch verschuldete US-Haushalt (106% BIP) noch höhere Steuerausfälle verkraften. Für die nächsten 10 Jahre wird die Summe auf 1 Bio. US-Dollar geschätzt. Das wird nicht spurlos am Anleihenmarkt vorbei gehen. Steigende Renditen wären dann wahrscheinlich, aber ganz und gar nicht im Interesse der US-Regierung.
Die Aufwärtsdynamik der US-Zinsen wird 2018 entscheidend sein und bislang vermutlich unterschätzt. Entwickelt sich die Konjunktur in den USA weiter wie bisher, spricht schon das allein für steigende Renditen. Hinzu kommt die Steuerreform, die doppelt für einen Zinsanstieg spricht: erstens über die steigenden Schulden (höhere Risikoprämien), zweitens über die zu erwartende Konjunkturbelebung, die durch den Konsumimpuls ausgelöst wird. Als dritter Rendite-Treiber kommt der Bilanzrückbau der Fed hinzu. Der wird sich im nächsten Jahr deutlich beschleunigen.
Erwartbare Zunahme der Zinsdifferenz
Die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa wird im nächsten Jahr zunehmen. Der Zinsvorsprung der USA wächst bereits kontinuierlich und liegt aktuell bei knapp 200 Basispunkten im Bereich der 10-Jährigen. Eine Ausweitung auf 250 Basispunkte halten wir für realistisch. Am kurzen Ende wächst die Zinsdifferenz mit jedem Fed-Schritt. Das wird den Dollar stärken und noch mehr Kapital über den Atlantik in die USA ziehen.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte heute (Donnerstag) erwartungsgemäß keine Überraschungen im Gepäck. Die EZB hält die Zinsen bei Null, wird die Anleihenkäufe reduzieren und strecken. Das stützt die europäische Konjunktur und hilft den Ländern, ihre überbordenden Schulden weiter günstig zu finanzieren. Trotz dieser Schützenhilfe schaffen es Länder wie Frankreich, Spanien und Finnland noch nicht, strukturelle Überschüsse zu erwirtschaften. Das Ungleichgewicht in der Eurozone nimmt darum kontinuierlich zu.
Fazit: Die Konjunkturampeln stehen voll auf Grün, die Börsen werden das im neuen Jahr mit neuem Schwung feiern. Der DAX hat aber erst über 13.200 Zählern neues Potenzial nach oben.