Dienstleistungen statt Industrie
Die Finanzkrise hat die Bedeutung von Frühindikatoren für die kommende Wirtschaftsentwicklung verändert.
Die Finanzkrise hat die Bedeutung von Frühindikatoren für die kommende Wirtschaftsentwicklung verändert. Belege dieser Entwicklung haben wir bereits in unserem Brief vom 17.2. genannt. Ein weiteres Beispiel liefert eine Analyse der Commerzbank. Sie beschäftigt sich mit der Aussagekraft der zwei wichtigsten Einkaufsmanagerindizes (Purchasing Manager Index, PMI). Das Ergebnis für die Eurozone: Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie überzeichnet seit 2007 kontinuierlich das gesamtwirtschaftliche Wachstum. So lag die Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts kontinuierlich mindestens eine Standardabweichung über den Prognosewerten der gängigen Industrie-PMI-Modelle, so die Commerzbank-Analysten. Bis Ende 2007 sei dies noch anders gewesen. Dabei hat sich keinesfalls die Qualität des PMIs an sich verändert – die Industrieproduktion bildet er nach wie vor treffsicher ab. Als Grund für die mangelnde Zielgenauigkeit wird vielmehr vermutet: In Europa hat sich das Verhältnis von Industrieproduktion und Bruttoinlandsprodukt verschoben. Die Industrieproduktion ist stark exportabhängig und profitierte so von der – im Verhältnis zur europäischen – soliden weltwirtschaftlichen Entwicklung. Repräsentativer für die Konjunktur in der Eurozone ist die Entwicklung im Dienstleistungssektor. Denn dieser Sektor ist wesentlich stärker von der heimischen Nachfrage abhängig. Daher eignet sich auch der Dienstleistungs-PMI besser für Prognosen über das künftige BIP-Wachstum in der Eurozone. Folglich deuten die jüngsten Dienstleistungs-PMIs auf ein Eurozonen-Wachstum von 0,3% im 1. Quartal hin. Dagegen signalisieren die Industrie-PMIs nach den bisherigen Berechnungsmodellen ein Plus von real 0,5% im Vergleich zum Vorquartal.
Fazit: Orientieren Sie sich bei der Beurteilung der konjunkturellen Entwicklung in Europa eher am Dienstleistungssektor als an der Industrie.