Die Zeit von Merz ist gekommen
Ob Friedrich Merz den Parteivorsitz der CDU und die nächste Kanzlerschaft bekommt? Nötig wär’s. Die Wirtschaftspolitik in Deutschland ist in bald 16 Jahren Regentschaft von Angela Merkel ziemlich runtergekommen.
Jüngst machte der empörte Parteiaustritt von Hotelier Michael Fäßler Schlagzeilen. Vor gut einem Jahr sorgte Unternehmer-Urgestein Jürgen Heraeus mit einer Abrechnung der Merkel-Ära für Unruhe in der CDU: „Es herrscht eine große Apathie. Nichts geht voran“, so Heraeus.
Unzufriedene Familienunternehmer
Das sehen die organisierten Familienunternehmer ähnlich. In ihrem Standortranking, das steuerliche Wettbewerbsfähigkeit, Finanzierungsbedingungen, Arbeitskosten, Produktivität und Humankapital, Infrastruktur und Investitionen, Regulierung und Energiesituation zu einem Rating zusammenfasst, landet Deutschland abgeschlagen auf Rang 17 (2018 Rang 14, 2006 Rang 9).
Gut sieht es nur bei den Finanzierungsbedingungen aus, mies bei Arbeitskosten und richtig mies bei Steuern. Der Rest: mäßig. Auch in anderen Wettbewerbsrankings wie dem des World Economic Forums ist Deutschland auf dem absteigenden Ast.
Wirtschaft und Politik pflegen ein unterkühltes Verhältnis
Das Verhältnis zu den Wirtschaftsverbänden ist unterkühlt. Die Autoindustrie hat nicht mehr viel zu melden. Die Bankenwelt ist weitgehend abgemeldet. Aber auch dem Mittelstand geht‘s nicht viel besser. Die CDU-Mittelstandsvereinigung unter der Führung von Carsten Linnemann kennt ihre innerparteilichen Grenzen nur zu genau. Der Wirtschaftsrat müht sich meist vergeblich, dass seine Ratschläge Gehör finden.
Seitdem die FDP in der Politik keine Rolle mehr spielt – und das ist in der ganzen Ära Merkel einschließlich der Zeit der gemeinsamen Koalition von 2009 bis 2013 der Fall gewesen – fehlt das Korrektiv. Man sieht: Aus der CDU heraus erwächst die Kompetenz und politische Kraft jedenfalls nicht von alleine.
Vertrauensbruch bei Coronahilfen
Und auch mit der Verlässlichkeit ist es nicht weit her. Während Wirtschaftsminister Peter Altmaier bei der Energiepolitik an einem geradezu hanebüchenen Subventionssystem festhält – pacta sunt servanda – leistet er sich zusammen mit Finanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) einen schweren Vertrauensbruch. War von Seiten der Bundesregierung zunächst kommuniziert worden, Unternehmer erhielten Fixkostenbeihilfen, zählen plötzlich nur noch nachgewiesene Verluste.
FUCHSBRIEFE hatten auf die Problematik der Coronahilfen ja früh hingewiesen. Inzwischen sind die Ministerien auf das europäische Beihilfenrecht aufmerksam gemacht worden, das entsprechende Subventionen untersagt – nicht grundsätzlich zwar, mit Brüssel lässt sich immer verhandeln, aber wenn man sich nicht rechtzeitig und ausreichend darum kümmert.
Dilletantisches Vorgehen
Es unterstreicht auch noch mal den Dilettantismus, der inzwischen in den einschlägigen Ministerien in Berlin herrscht. Wenn Minister Peter Altmaier nur halb so viel von dem konsequent und professionell umsetzen würde, was er ankündigt, wäre Deutschland auf der Wettbewerbsskala sicherlich etliche Plätze weiter oben.
Jede Zeit braucht ihre Persönlichkeiten
Nun sind Überraschungen im politischen Geschäft an der Tagesordnung. Und die Ausgangsposition von Merz ist in Umfragen unter den Abstimmungsberechtigten delegierten ja durchaus komfortabel. Aber ob das reicht, wenn es zum Schwur kommt? Die Kanzlerin und viele CDU-Ministerpräsidenten wollen lieber Laschet als Merz. Er ist geschmeidiger, kompatibler für Schwarz-Grün, ihn kann man von außen besser steuern, er ist einfach geländegängiger – und er hat aktiv Regierungserfahrung, sicherlich sein größtes Plus.
Merz hat einige persönliche Schwächen. Er ist nicht cool, er wirkt nur so. Er neigt dazu, beleidigte Leberwurst zu spielen. Doch er hat wirtschaftspolitisch den klarsten Kompass. Und er hat auch die größte Durchsetzungskraft. Mit einem Donald Trump – mit dem er auch schon verglichen wurde – hat er nichts gemein. Inzwischen ist er lebenserfahren genug, um zu wissen, dass man nicht mit dem Kopf durch die Wand kommt. Somit ist er für die Wirtschaft nicht der ideale, aber der beste unter den Unionskandidaten.
Wirtschaft ist zwar nicht alles. Aber ohne Wirtschaft ist alles nichts. Daher braucht Deutschland Merz in einer neuen, wichtigen Rolle. Seine Zeit ist jetzt gekommen. Doch ich fürchte, die Partei hat einen anderen Maßstab und lotst Laschet ins Amt, meint Ihr Ralf Vielhaber.