Parteichefs auf Abruf – Regierung in der Dauer-Diskussion
Die Regierung als Altenteil von drei Parteichefs – eine solche Konstellation gab es in der bundesdeutschen Geschichte noch nie. Sie wird die Regierungsfähigkeit einer neuen GroKo massiv einschränken – vorausgesetzt die Regierungsbildung gelingt, was keinesfalls sicher ist.
Deutschland bleibt damit auch auf internationaler Bühne eine „lame duck".Denn die Diskussionen um die Nachfolge von Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) werden zum Dauerbrenner der 19. Legislaturperiode. Sie werden das Regierungshandeln überschatten.
Flucht nach vorn
Merkel sucht die Flucht nach vorn. Die CDU hat bisher die Nachfolgedebatte um Merkel mühsam unter der Decke gehalten. Doch am Wochenende hat der Spiegel – mit stillem Einverständnis des Kanzleramts – die Debatte öffentlich gemacht. Merkel wolle die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer als ihre Nachfolgerin aufbauen und zu diesem Zweck ins Kabinett holen. Die saarländische Hausfrau – KrampKarrenbauer tritt im Karneval gern in dieser Kostümierung auf – soll der schwäbischen nachfolgen.
Da spielt eine Menge Wunschdenken im Kanzleramt mit. Denn Kramp-Karrenbauer gilt als noch weiter „links" als Merkel selbst – sie wird erheblichen Widerstand in der Union erfahren. Zumal sich Merkel auch die rheinland-pfälzische (bislang erfolglose) Spitzenkandidatin Julia Klöckner an die Seite holen will.
Dass die CDU so viel (linke) Frauenpower klaglos akzeptiert, glaubt in Berlin niemand. Zumal mit Jens Spahn ein konservatives, redegewandtes und zielstrebiges Nachwuchstalent längst mit den Hufen scharrt. Er hat sich zuletzt gebremst, weil ihm Parteifreunde dazu geraten haben; er solle nicht zu heftig nach vorne streben.
Schulz lässt SPD verzweifeln
Verzweifelt ist die SPD. Den Geist, den sie vor einem Jahr rief, wird sie nun nicht los. Er bringt sich und die Partei um das letzte bisschen Glaubwürdigkeit. Inzwischen gibt Parteichef Martin Schulz ganz offen seine Ambitionen auf einen Kabinettsposten unter Merkel bekannt (FB vom 22.1.). So viel politische Wendigkeit könnte beim Mitgliederentscheid der SPD den Ausschlag dafür geben, dass die Genossen nein sagen zur GroKo.
Wenigstens einen kleinen Rest von Ehre hätte Schulz der Basis schon bewahren müssen. Zumal der oberste Sozialdemokrat der Doppelfunktion nicht ansatzweise gewachsen erscheint, ein Ministerium zu führen, die eigene Partei von Grund auf zu erneuern und ihr eine Zukunftsperspektive zu geben.
Parteichef von der Resterampe
Auch der abservierte bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer drängt ins Kabinett. Ihm schwebt ein „Superministerium" mit Wirtschaft und Infrastruktur vor. Auch seine Tage als Spitzenmann der CSU sind gezählt, aber er kann von der Macht nicht lassen.
Fazit: Eine Kanzlerin und zwei Parteichefs als Minister auf Abruf – so ein Kabinett hält keine vier Jahre durch.