Was von der Ampel noch zu erwarten ist
Die Ampel-Koalition hat die beste Zeit nach ihrem ersten Jahr schon hinter sich. Zum Ende des Jahres 2022 zeigt sich, dass SPD, Grüne und FDP zu einer Regierung der ewigen Debattierer werden. Einige Kernvorhaben, auf die sich die Parteien im Koalitionsvertrag geeinigt hatten, wurden zügig abgearbeitet. Dazu gehören der Mindestlohn, das Bürgergeld, die Reform des Aufenthaltsrechts, die Streichung der EEG-Umlage.
Ressorts führen langwierige Debatten
Die Umsetzung politischer Vorhaben wird 2023 ins Stocken geraten. Bisher hat die Ampel-Koalition 5% ihrer Vorhaben umgesetzt, 2% teilweise umgesetzt und mit 23% begonnen. 68% Vorhaben seien noch gar nicht angegangen, 2% schon wieder zurückgestellt worden. Das hat der Koalitionstracker des Online-Portals fragdenstaat.de errechnet. Diese Bilanz ist schlecht. Im ersten Jahr einer Koalition sollten viel mehr gemeinsam beschlossene Projekte bereits abgeschlossen sein.
Ab jetzt werden sich die Ampel-Koalitionäre in immer mehr Streitereien verzetteln. Die Konflikte und Debatten durchziehen alle Ressorts. Insbesondere FDP und Grüne geraten immer öfter aneinander. Die SPD bezieht nur selten Stellung, schaltet sich punktuell in Konflikten dazu. Konfliktthemen sind die Debatte um die Anhebung des Rentenalters, der weitere Umgang mit Corona (damit verbunden die Personalie Karl Lauterbach, SPD), die Frage nach der Beimischung von Agrokraftstoffen zum Sprit, der Streit über die Beschleunigung von Infrastrukturprojekten. Streit gibt es auch um die Nicht-Erreichung der Wohnbauziele, um das Vorkaufsrecht für Kommunen in Milieuschutzgebieten, in der Beschaffungsdiskussionen für die Bundeswehr, um Digitalisierungsprojekte.
Bruchlinien zwischen Grünen und FDP
Die Bruchlinien verlaufen zwischen Grünen und FDP. Vor allem die Grünen sind es, die aktuell zahlreiche Projekte nachverhandeln wollen. Es geht Ihnen darum, Nachhaltigkeitsziele besser zu integrieren. Zudem beteiligen sich an jedem Gesetzentwurf zahlreiche Ministerien – mehr als in vorigen Koalitionen. Dass im Bundeswirtschaftsministerium zu Beginn von Robert Habecks (Grüne) Amtszeit viele fachlich erfahrene Köpfe durch treue Parteisoldaten ausgetauscht wurden, lähmt das wichtige Ministerium zusätzlich. In keinem anderen Ressort hat es einen derartigen personellen Kahlschlag gegeben. Aber auch aus dem Gesundheitsministerium reißen die Beschwerden über den Führungsstil von Karl Lauterbach nicht ab.
Noch viele offene Punkte
Die Liste der offenen Vorhaben ist noch lang. An der Kindergrundsicherung arbeiten inzwischen sieben Ministerien. Zudem ist ein zweites Gute-Kita-Gesetz geplant. Bei der Cannabis-Legalisierung droht die Ampel am EU-Recht zu scheitern, so wie die CSU an der Pkw-Maut. Die gemessen an der Anzahl der Gesetzesvorhaben größte offene To-Do-Liste hat das Umweltministerium (Steffi Lemke, Grüne). Das liegt regelmäßig mit dem Verkehrsminister von Volker Wissing (FDP) im Clinch. Auch Themen wie die Absenkung des Wahlalters, neue Vorgaben für den Ökolandbau oder die Ausrichtung der Exportkreditgarantien auf Dekarbonisierung sollen noch angegangen werden.