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EU-Beitrittskandidat Ukraine mit schlechter Wirtschaftsleitung

Ukraine noch weit von den bisherigen EU-Kandidaten entfernt

Ukraine. © Harvepino / Getty Images / iStock
Die Ukraine hat gute Chancen, noch in diesem Monat den Status eines Beitrittskandidaten zur EU zu bekommen. Darum fragen sich FUCHSBRIEFE: Wo steht dieser potenzielle Beitrittskandidat eigentlich? Wirtschaftlich ist das Land jedenfalls meilenweit von den bisher schwächsten Beitrittskandidaten entfernt. Das untermauert eine Studie des IW deutlich.

Die EU wird sich mit der Ukraine bei einem Beitritt einen echten Problemfall ins Haus holen. Die Ausgangslage des Landes wird von der Politik aber offenbar ignoriert. Denn der Druck auf die EU, die Ukraine zum Beitrittskandidaten zu machen, nimmt stetig zu. Vermutlich wird Brüssel dem Druck schon bald nachgeben. 

Am 17. Juni dürfte es eine positive Kommissionsempfehlung geben. Beim kommenden EU-Gipfel am 23. und 24. Juni könnte das Land dann schon den Kandidatenstatus erhalten. Zwar stehen unter anderem Dänemark, Schweden, die Niederlande und Portugal der Bewerbung skeptisch gegenüber. Aber die Befürworter sind in der Mehrheit.   

BIP pro Kopf weit hinter Rumänien oder Bulgarien

Die Ukraine wäre mit 41 Mio. Einwohnern der sechstgrößter EU-Staat. Sie ist nur etwas kleiner als Spanien und größer als Polen. Aber insbesondere wirtschaftlich ist das Land weit entfernt von allen anderen bisherigen EU-Kandidaten. Das gilt selbst im Vergleich mit den Schlusslichtern Rumänien (19 Mio. Einwohner)  und Bulgarien (7 Mio. Einwohner). Die hatten 2007, im Jahr ihrer EU-Aufnahme, ein pro-Kopf-BIP von etwa 13.000 USD (Bulgarien) bzw. 14.000 USD (Rumänien). Die Ukraine kam gerade einmal auf  auf 9.000 USD. Bis 2020 hat sich der Abstand noch weiter vergrößert. Das BIP pro Kopf lag in der Ukraine bei 13.000 USD. Bulgarien (25.000 USD) und in Rumänien (32.000 USD) sind seither weit davongezogen.

Unternehmen kämpfen mit schlechten Bedingungen

Die Bedingungen für ukrainische Unternehmen sind schlecht. Massivstes Problem ist die Korruption. Die NGO Transparency International führt die Ukraine im aktuellen Korruptionsindex (2021) auf Rang 122, eine Verbesserung gegen 2012 um 22 Ränge. Das Land liegt aber weit hinter Rumänien (2012 auf Rang 66, 2021 ebenso) und Bulgarien (2021 Rang 75). Die schlechte Platzierung zeigt, dass die Regierung der Ukraine die Korruption zu wenig bekämpft.

Unternehmen zu gründen ist nicht einfach

Im Ease-of-Doing-Business-Index lag die Ukraine 2020 auf Platz 64. Auch das ist weit hinter Rumänien (55) und Bulgarien (61). Deutschland lag auf Platz 22. Der Index zeigt, wie einfach es in einem Land ist, ein Unternehmen zu gründen und zu betreiben. Auch die Wirtschaftsstruktur ist sehr einseitig. Noch immer hat die Ukraine so viele Staatsunternehmen wie nur wenige andere Länder. Rumänien und Bulgarien waren in der Transformation zur Marktwirtschaft zu Beginn ihrer EU-Mitgliedschaft viel weiter.

Junge, gut ausgebildete Bevölkerung und IT-Wirtschaft bietet große Chancen

Die Ukraine hat aber zumindest einige Entwicklungschancen. Das Erwerbspersonenpotenzial (Personen im Alter 16 bis 64 Jahre) liegt mit 67% über dem EU-Durchschnitt (64%). Auch die Bildung ist überdurchschnittlich. Fast 60% der über dreißigjährigen hat einen Hochschulabschluss, etwa 80% eines Jahrgangs beginnen ein Studium. 

Trotz der im EU-Verhältnis niedrigen Löhne (der ukrainische Mindestlohn beträgt weniger als zwei Euro) gab es in den vergangenen zwanzig Jahren einen hohen Reallohnzuwachs. Die Arbeitslosenrate lag 2020 bei 9%. Ein großer Erfolg des Landes ist der starke IT-Sektor, der mit GitLab und Grammarly zwei mit über einer Mrd. Euro bewertete Unicorns vorweisen kann und seit Jahren stark wächst.

Beitritts-Kosten lassen sich hochrechnen

Allein zwischen 2007 und 2013 flossen im Rahmen der Kohäsionspolitik zur regionalen Anpassung etwa 18,5 Mrd. Euro nach Rumänien, 6,6 Mrd. nach Bulgarien - zusammen also 25,1 Mrd. Euro. Die Ukraine steht aber einerseits wirtschaftlich schlechter da, hat andererseits eine um fast 50% größere Bevölkerung als Rumänien und Bulgarien zusammen. Es lässt sich also grob kalkulieren, dass der EU-Beitritt des Landes allein in den ersten Jahren leicht 37 Mrd. Euro kosten wird.  

Fazit: Die Ukraine liegt noch weit unter dem Entwicklungsstand bisheriger EU-Beitrittskandidaten. Sollte die EU dem Land eine zügige Beitrittsperspektive anbieten, wird sie uns das als "große gemeinsame Kraftanstrengung" verkaufen. Anders formuliert: Ein EU-Beitritt des Landes wird langwierig und milliardenschwer.
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