Revidierte Prognosen noch zu optimistisch
Die Konjunktur in Deutschland wird sich wesentlich schlechter entwickeln als von den Wirtschaftsforschungsinstituten noch vor wenigen Wochen prognostiziert. Zu dieser Erkenntnis kam gerade das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW). Für 2023 rechnen die Forscher mit einer BIP-Schrumpfung um 0,7%. Das ist im Vergleich zur Annahme von -0,1% der bisherigen Prognosen viel. Schon 2024 soll das BIP aber wieder um 1,7% wachsen und 2025 um weitere 1,6% zulegen. Dann schwächt sich das Wachstum bereits wieder auf 1% (2026) und0,8% (2027) ab.
Sinkende Arbeitsbevölkerung belastet die Konjunktur strukturell
Stärkster Faktor, der zur Wachstumsschwäche führt, ist die rückläufige Arbeitsbevölkerung. Es scheiden kontinuierlich mehr Personen aus dem Erwerbsleben aus als dazukommen. Diese Lage wird auch durch Einwanderung kaum entschärft. Zumal ein großer Teil der Einwanderung ins Sozialsystem erfolgt - und nicht in den Arbeitsmarkt. Und nach dem Einwanderungs-Peak aus der Ukraine in diesem Jahr (50% der knapp 1 Mio. Zuwanderer in das Sozialsystem), werden in den nächsten Jahren höchstens 300.000 Menschen pro Jahr nach Deutschland einwandern.
Die Arbeitsmarktbilanz könnte sich sogar stark verschlechtern. Die Zahl der Einwanderer, insbesondere qualifizierter Fachkräfte, könnte sich ohnehin deutlich verlangsamen, wenn der Standort D an Industrie und Anziehungskraft verliert. Nicht berücksichtigt ist zudem, welchen Effekt das neue Bürgergeld und der Plan zu den freigegebenen Hinzuverdienstgrenzen für Rentner auswirken. Beides dürften den Arbeitsmarkt von unterschiedlichen Seiten her unter Druck setzen (FB vom 19.9.)
Schneller Inflations-Abschwung einkalkuliert
Zu positiver Blick
Dem steht aber eine klare Erwartung spürbar steigender Löhne entgegen. Das IfW rechnet mit Effektivlohnsteigerungen von knapp 4% pro Jahr. Der durchschnittliche Stundenlohn wird dann von 30,6 Euro/h in diesem Jahr auf 37,8 Euro/h im Jahr 2027 steigen. Dem können Arbeitgeber wegen des absehbar verschärften Fachkräftemangels wenig entgegensetzen. Das ist das Fundament für eine zügig rotierende Lohn-Preis-Spirale (FB vom 19.9.).