Anleger hoffen auf die weiche Landung und sind zu euphorisch
Die US-Notenbank hat eine Erleichterungs-Rally ausgelöst. Allerdings sind die Anleger zu euphorisch und schenken den Worten von Fed-Chef Jerome Powell zu viel Bedeutung. Natürlich sagt er, dass der US-Konjunktur eine weiche Landung gelingen wird. Die historische Erfahrung und einige Daten sprechen aber dagegen.
Die US-Notenbank Fed hat an den Märkten eine Erleichterungs-Rally ausgelöst. Fed-Chef Jerome Powell hat wie erwartet die Zinsen um 50 Basispunkte angehoben. Erleichtert waren die Anleger vor allem, weil Powell die Sorgen vor einem beschleunigten Zinsanstieg zerstreut hat. Der Notenbank-Chef betonte, dass keine Beschleunigung der Gangart zu erwarten sei. Außerdem sei die US-Wirtschaft robust genug, den absehbaren Zinsanstieg zu verkraften.
Fed glaubt an weiche Landung - was sonst?
Powells Worte fielen bei den besorgen Börsianern auf fruchtbaren Boden. Teilweise hatten sie schon eine Anhebung um 75 Basispunkte befürchtet. Andere gingen davon aus, dass die Fed mit einer Anhebung um 50 Basispunkte startet, dann aber auf 75 Basispunkte im zweiten Schritte steigern wird. Diese Befürchtungen gibt es nun nicht mehr.
Das Szenario der Händler ist jetzt von Powell vorgezeichnet. Die Zinsen steigen weiter, aber die US-Wirtschaft wird nicht in eine Rezession rutschen. Powell ist sich sicher: "Eine weiche Landung wird gelingen." FUCHS-Kapital hat daran allerdings Zweifel. Die Preise in den USA steigen zügig weiter, eine nachlassende Dynamik ist noch nicht in Sicht. Die Verbraucher haben deutlich weniger Geld in der Tasche, die US-Wirtschaft lebt aber zu 70% vom Konsum.
Historie spricht dagegen
Ein Blick in die Historie bremst unsere Euphorie ebenfalls, dass Powells Mission gelingt. Von den vergangenen fünf Zinserhöhungszyklen gelang die weiche Landung in den USA nur bei einem - Anfang der 90er Jahre. In allen anderen Fällen ist die US-Konjunktur in eine Rezession gerutscht. Darauf hat Russel Price, Chefvolkswirt von Ameriprise Financial gerade hingewiesen.
Auch die neuesten Zahlen zeigen, dass sich die Konjunkturlage weiter eintrübt. So sind die Öl-Vorräte in den USA gestiegen, der Verbrauch also zurück. In China ist der Caixin-Einkaufsmanagerindex (Dienstleistungen) von schon schlechten 42% auf 36% gefallen. Nur noch jeder dritte Manager im Reich der Mitte hat somit einen optimistischen Blick auf die Konjunktur. Die anhaltenden Lockdowns spielen dabei eine erhebliche Rolle.
Auf Abschwung programmiert
In Deutschland ist der Export um 3,3% zurückgegangen. Noch deutlicher war der Rückgang bei den Auftragseingängen. Die sind zuletzt im Monatsvergleich um 4,7% gesunken. Besonders stark gingen die Auftragseingänge von außerhalb der Eurozone zurück. Sie sanken um 1,32%. Auch das zeigt, dass das wirtschaftliche Umfeld deutlich schlechter wird. "Die deutsche Wirtschaft ist auf Abschwung programmiert" fasst es die VP Bank zusammen.
Das paradoxe daran: Es gibt noch viele Aufträge, die eigentlich auf Abarbeitung warten. Aber es mangelt an Material und Personal. Geld und Nachfrage ist dagegen im Überfluss vorhanden. In den USA ist das Bild ähnlich. Das ist das Ergebnis der jahrelangen Liquiditätsschöpfung der Notenbanken. Darum müssen die Notenbanken die Zinsen auch weiter straffen, selbst wenn die Konjunktur schwächelt. Sie sind gezwungen, die Geldmenge abzubauen. Denn die Inflation rührt wesentlich von der Nachfrageseite her. Die Notenbanken sind sich selber in die Falle gegangen.
Erleichterung wird zügig verfliegen
Die Börsen haben gerade einen sehr kurzfristigen Blick. Sie waren aus Sorge vor schnelleren Zinsschritten tief gefallen. Jetzt feiern sie und erholen sich. Unsere Einschätzung der vorigen Woche bleibt bestehen: Mehr als Bärenmarkt-Anstiege sind das noch nicht. Das Potenzial dafür ist begrenzt. Im Dow kann es bis 35.000 aufwärts gehen, im DAX bis 15.000 Punkte. Darauf können nur agile Anleger setzen, die Gewinn auch schnell realisieren.
Fazit: Wir sehen eine Erleichterungsrally im Bärenmarkt und sind gespannt, wie weit sie trägt. Der Boden der aktuellen Handelsspanne liegt im Dow bei 32.300 Zählern, im DAX bei 13.700 Punkten. Auf diesen Ebenen sind taktische Einstiege denkbar.