Vorsicht vor Junkie-Börsen
Die Aktienmärkte sind gerade Junkie-Börsen. Getrieben von der Hoffnung auf bald wieder billiges Geld werden die Kurse extrem steil hochgezogen. Das ist ungesund, unrealistisch und passt weder zur Wirtschaftsentwicklung noch zur Marschroute der Notenbanken.
Die Aktienmärkte sind derzeit schon fast unheimlich stark. Die Bärenmarktrallye ist extrem dynamisch und wird weiter von Zinshoffnungen für die USA getrieben. FUCHS-Kapital kann diese Stärke nicht nachvollziehen und traut ihr nicht. Bedenken Sie: Allein in den vergangenen Wochen hat der DAX ein Plus von 21% aufs Parkett gelegt. Dennoch liegt er noch gut 10% unter der Notiz von Jahresanfang.
Auch die wichtigen US-Börsen haben in den vergangenen fünf Wochen kräftige Anstiege auf die Kurstafeln gezeichnet. Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq sind im Steigflug. Die Abwärtstrends sind in allen drei Indizes aber noch intakt. Die jeweils vorausgegangenen Hochs der Bärenmarkt-Anstiege wurden noch nicht nachhaltig überwunden. Im Dow liegt das ungefähr bei 34.300 Punkten.
Absurde Börse: Hoffen auf die Rezession
Für uns passen derzeit die Börsenkurse nicht zu den wirtschaftlichen Perspektiven. Der Inflationsdruck in den USA hat sich zwar verlangsamt, aber er bleibt hoch. In Übersee entwickelt sich die Konjunktur nicht dynamisch, sondern kühlt langsam ab. Das Bild für Deutschland ist alarmierend. Vor allem der Auftragseingang setzt sich weiter negativ fort. Seit März (-2,9% ggü. Vj.) waren die Orders mit Ausnahme des Mai (+2,8%) negativ. Die Abwärtsbewegung hat sich allmählich gesteigert und inzwischen auf ein Maß von etwa -11% ggü. Vj. eingepegelt.
Die Hoffnungen der Börse liegen momentan auf einer Rezession. Dieses Bild zeichnet z. B. auch LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer. Er rechnet mit einem Inflationspeak im Februar bei 12% in Deutschland (Jahresdurchschnitt 8,7%) und einer Rezession im nächsten Jahr (BIP -1,5%). Als Gründe für den langsamen Rückgang der Inflation nennt Kraemer für uns irritierend optimistisch die leichte Entspannung bei den Energiepreisen und die "schrumpfende Nachfrage". In UK hat die Inflation gerade die Marke von 11% übersprungen.
Wann dreht die Geldpolitik wieder bei?
Verbunden mit dieser Rezessions-Erwartung ist die Hoffnung auf eine neue Wende der Geldpolitik. Die Spekulation ist, dass - ausgehend von den USA - das Karussell des billigen Geldes wieder angeschoben wird. Genau das dürfte aber ein Trugschluss sein. Aus der Fed hören wir, dass die Leitzinsen noch über 5% werden steigen und "mindestens dort für längere Zeit gehalten" werden müssen. Einen Dreh in der Zinspolitik wird es erst geben, wenn die US-Inflation deutlich sinkt. Die Fed ist darum weiterhin im Risiko, mit ihren Zinsschritten die Konjunktur abzuwürgen.
Die daraus wachsende Gefahr für die Börse heißt Stagflation. Beginnt die Wirtschaft zu stagnieren oder gar zu schrumpfen, bei dennoch anhaltend hohen Preisen (aufgrund enger Lieferketten, hoher Rohstoffpreise, steigender Arbeitskosten und Zweitrundeneffekten) wird das auf die Gewinne der Unternehmen durchschlagen. Der Umsatz sinkt, die Margen stehen unter Druck. Dem gegenüber sind die Börsenbewertungen aber schon wieder hoch - wieder nur getrieben von der Hoffnung auf billiges Geld.
Fazit: Wir meinen, die Aktien zeigen gerade wieder Anzeichen einer Junkie-Börse. Die Hoffnung auf billiges Geld zieht die Kurse hoch. Wir trauen diesem Schub nicht vollends, auch wenn das vielleicht bereits die Jahresendrallye ist. Aus taktischer Sicht verkaufen wir weiter Titel, die in den vergangenen Wochen gut gelaufen sind. Neue Käufe wagen wir erst bei einem erneuten Rücksetzer.