Abwertungswettlauf der großen Drei
Wir haben unser Zins- und Währungstableau nicht verändert. Auch wenn die Coronakrise inzwischen ein deutlich schärferes Bild der laufenden Rezession zeichnet, erkennen wir derzeit keine grundsätzlich neuen Relationen der hier analysierten Währungen untereinander.
Die Devisen und Zinsmärkte beruhigen sich nach den heftigen Ausschlägen wieder. Die Amplitude der Kursbewegungen und die Volatilität verringern sich. Deutlich sichtbar wird das an den Notierungen von EUR|USD. Der Euro notiert inzwischen nach seiner wilden Achterbahnfahrt wieder bei 1,09 gegenüber dem Dollar und damit auf dem Niveau wie vor dem Corona-Chaos.
Schwere Rezession voraus
Die weitere Entwicklung der Währungsrelationen hängt stark von der jeweiligen Tiefe und Dauer der Rezession ab. Klar ist, dass die Geldpolitiker auf beiden Seiten des Atlantiks die Zinsen am Boden verankern werden – für noch lange Zeit. Zinserhöhungen sind für mindestens zwei Jahre tabu.
Das US-BIP ist schon im ersten Quartal um 4,8% gefallen. Das zweite wird deutlich schlimmer werden – auch in Europa, am wenigsten noch in China. Die Märkte müssen sich auf eine Rezession einstellen, wie es sie nach dem Zweiten Weltkrieg noch nie gab. Die Notenbanken werden ihre Rolle weiter spielen und versuchen, die Dosis der Wirtschafts- und Wachstumsprobleme mit Liquidität zu verdünnen.
Dilemma der Notenbanken
Dabei entsteht ein neues Dilemma. Selbst wenn die Billionen helfen, Pleiten zu vermeiden, treiben sie die Staatsschulden rund um den Globus bei den großen Vier enorm in die Höhe. Sie werden über das von den Wirtschaftsprofessoren Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff postulierte kritische Maß von 90% des BIP hinausgehen. Bei 90% verwelkt demnach sozusagen jede Wachstumssprosse. Eine in der Wissenschaft umstrittene Zahl, die unseres Erachtens dennoch eine gute Orientierungsgröße ist.
Diese Rettungspolitik rettet aber auch Todgeweihte. Sie verhindert die "schöpferische Zerstörung" und hält rund um den Globus viele "Zombi-Firmen" am leben und schafft so Überkapazitäten und deflationäre Tendenzen, die die Notenbanken dann am besten wieder mit Liquiditätsschöpfung bekämpfen wollen. Ein teuflischer Kreislauf.
Deflationärer Druck
Die Währungen werden diese Entwicklungen nur langsam einpreisen können – je nach Verlauf. Wir gehen aber weiter davon aus, dass die US-Rezession schärfer verlaufen wird als die in Europa. Der Einschnitt in den USA wird tief – danach wird es aber auch deutlich steiler wieder bergauf gehen. Daraus folgt: Der Euro muss als Heimatwährung weiter gehalten werden (50%). Der Dollar gehört als sicherer Hafen und Weltleitwährung mit 25% ins Währungsportfolio. Daneben sollten der Franken und der Austral-Dollar beigemischt werden. Eine echte strategische Alternative ist der Renminbi. Der dürfte im Rahmen einer weltweiten Diversifikation immer wichtiger werden.
Zinsen in Europa werden sich differenzieren
Bei den Zinsen sehen wir vorerst auch wenig Bewegung. Am kurzen Ende bleiben die Marktzinsen wie die Leitzinsen am Boden. Die Veränderungen werden nur marginal sein. Am langen Ende hält die Konjunktur die Renditen ebenfalls gedrückt. Hinzu kommt, dass die Notenbanken zunehmend versuchen, das lange Ende der Kurve zu steuern. Zuletzt kündigte die US-Fed an, auch langlaufende Papiere in signifikantem Umfang zu kaufen.
In Europa werden wir eine zunehmende Differenzierung der Renditen nach Risikokategorien sehen. Die Renditen der italienischen Papiere ziehen ja bereits an. Je höher die Staatsverschuldungsquote und je schlechter das Rating, desto weiter werden sich die Renditen von den deutschen entfernen. Denn Deutschland bleibt in Europa (vorerst) der Einäugige unter den Blinden.
Fazit: Die drei großen Blöcke – Japan, Europa, USA – liefern sich einen billionenschweren Corona-Rettungswettkampf. Das drückt auf alle Währungen. Wenn aber drei sich streiten, dann freut sich der Vierte. Das dürfte langfristig der Renminbi sein.