Das Schicksal des Euro
Die EZB macht in den kommenden Monaten den Eurokurs. Sie sorgt für Fantasie, was den Zins-Spread zum US-Dollar angeht, nicht mehr die Fed. Seit sich die EZB falkenhafter äußert, hat der Euro Auftrieb. Der Markt erwartet, dass sich die Zinslücke zum Dollar im 1. Halbjahr 2023 deutlich verengt (FD vom 16.12.).
Umgekehrt stimmen die Erwartungen der Anleihen Manager mit Fed-Chef Jerome Powell nicht mehr überein, was den Leitzins betrifft. Die Fed sieht 5,125% per Ende 2023 voraus, der Markt nur 4,420%. Für den Euro liegen die Erwartungen bei 3% und noch einen Schnaps drüber. Das heißt: Der Zinsspread bei den Leitzinsen verengt sich zu deutschen Staatsanleihen perspektivisch um 100 Basispunkte.
EZB geht aus römischer Sicht „besorgniserregend“ voran
Dies würde dem Szenario entsprechen, dass etwa der US-amerikanische Notenbankexperte Barry Eichengreen (University of California) auf dem Schirm hat. Er geht davon aus, dass die EZB ohne weitere Rücksichtnahme auf Italiens wachsende Haushaltsprobleme den Leitzins hochzieht und wieder auf Geldwertstabilität fokussiert.
Sicher ist das nicht. Schon jetzt gehen Regierungspolitiken der Meloni-Koalition auf die Barrikaden. „Unglaublich“ und „besorgniserregend“, sind noch die harmloseren Kommentare. 2023 sollen für mehr als 400 Mrd. Euro römische Bonds ausgegeben werden. Die EZB kauft aber – so die Absicht – keine italienischen Anleihen mehr auf. In den zurückliegenden Jahren hat die EZB Italo-Bonds im Wert von 733 Mrd. Euro eingekauft.
Der Arbeitsmarkt als Ausweg (und Ausrede)
Die Falken im Zentralbankrat zeigen bereits einen Pfad auf, der als Ausweg für die EZB dienen könnte, sich von ihrem derzeit konsequenteren Kurs wieder zu verabschieden: der Arbeitsmarkt. Schließlich driftet Europa in die Rezession. Je nachdem, wie schwer diese ausfällt, werden die Falken im Zentralbankrat wieder Oberwasser bekommen. Zynisch gesprochen: Rom muss auf eine harte Landung bei der Konjunktur hoffen.