Die EZB wird Inflation importieren
Im April lag die Inflationsrate in der Eurozone noch immer bei 2,4% und damit deutlich über der Zielmarke von 2%. In den USA hält die Fed – zu Recht – still. Viele Beobachter zeigen sich sehr unsicher, wie die weitere Inflationsentwicklung aussehen dürfte. Bloomberg zitiert dagegen Paul Krugmann mit den Worten, er habe keine Ahnung, was los ist. Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften sagte, es sei völlig unklar, wohin sich das Zinsniveau mittelfristig entwickeln werde.
Preistreiber werden wieder stärker
Wir vertreten in FUCHS DEVISEN konstant die Auffassung, dass die unterliegenden Inflationstreiber nicht aus der Welt sind und sogar noch stärker werden dürften: Marktzugangsbeschränkungen, Personalknappheit und damit einhergehende Lohnsteigerungen, der superteure Umbau der Wirtschaft zu einer grünen Ökonomie und die massive Aufrüstung werden die Preise kontinuierlich treiben.
Gerade mit dem grünen Umbau verteuern sich vor allem im größten Euroland Deutschland die Energiepreise dramatisch. Im September 2023 waren sie laut Statistischem Bundesamt um 55,7% höher als im Jahresdurchschnitt 2020, während der Gesamtindex seitdem um 17,8% stieg. Der Beitrag der Energiepreise zu den Preissteigerungsraten beträgt im Durchschnitt etwa ein Drittel. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) gingen von den 6,9% Preissteigerungsrate im Jahr 2022 satte 2,4% auf Energie zurück.
Die EZB importiert Inflation
Energie wird im Ausland eingekauft und in Dollar bezahlt. Senkt die EZB die Zinsen, verliert der Euro an Kraft auf den Märkten. Das bedeutet im Umkehrschluss: Energie wird in Euro gerechnet entsprechend teurer. Anders gesagt: Die EZB importiert mit ihrer Politik Inflation. Damit kurbelt sie wiederum die Inflationserwartungen der Haushalte an.
Ein aktuelles Forschungspapier der Bundesbank vom November 2023 belegt das. Es zeigte, dass Haushalte ihre Inflationserwartungen erhöhen, wenn sie höhere Energiepreise zahlen müssen. Unter erhöhten Energiepreisen leiden vor allem Haushalte mit geringen Einkommen. In dem Forschungspapier heißt es: „Insbesondere einkommensschwache Haushalte bilden ihre Inflationserwartungen auf Basis ihrer persönlichen Erfahrung von Energiepreiserhöhungen. Ihre Erwartungen werden dadurch weniger genau. Diese Haushalte sind von Energiepreiserhöhungen doppelt negativ betroffen: Zum einen geben sie überproportional viel Geld für Energie aus, zum anderen werden ihre Inflationserwartungen verzerrt, was sich auf zukünftige Spar- und Konsumentscheidungen auswirken kann. Das bedeutet, das Energiepreiserhöhungen nicht nur einen direkten Effekt auf die Inflation haben, sondern auch die Inflationserwartungen und damit in einem Zweitrundeneffekt die aggregierte Nachfrage beeinflussen können.“
Geldpolitisch aus der Spur
Insofern hat die EZB-Politik möglicherweise auch einen negativen Einfluss auf das Wahlverhalten. Höhere Inflationsraten werden der Regierung zugeschrieben und erhöhen die Neigung, die politischen Ränder zu wählen. In den USA ist das eines der größten Imageprobleme von Präsident Joe Biden (der allerdings noch an etlichen weiteren persönlichen Problem laboriert).
Nicht zum ersten Mal läuft die ERB unter Christine Lagarde somit Gefahr, mit ihrer geldpolitischen Entscheidungen aus der Spur zu geraten und anschließend einen Schlingerkurs fahren zu müssen. Die aus Frankreich stammende Zentralbank-Präsidentin, eine gelernte Juristin, wurde immer wieder für ihren manchmal unklaren und widersprüchlichen Kommunikationsstil kritisiert.
- Im Jahr 2021 wurde Lagarde für ihre Haltung zur Inflationsentwicklung kritisiert. Sie hielt an der Ansicht fest, dass die Inflation vorübergehend sei, obwohl viele Marktteilnehmer und Ökonomen andere Meinungen vertraten. Diese Einschätzung erwies sich rückblickend als zu optimistisch.
- Im März 2022 erklärte Lagarde, dass die EZB keine schnellen Zinserhöhungen vornehmen werde, obwohl die Inflation in der Eurozone stieg. Das war im Nachhinein ein klarer Fehler, der aber von vielen vorhergesehen worden war.