Harris für Biden nach den Midterms im Gespräch
In den USA wird über eine Ablösung von US-Präsident Joe Biden zu den Midterms, also zur Regierungshalbzeit 2022 nachgedacht. Die Ausfälle des 78 Jahre alten Demokraten häufen sich, zuletzt bei seinem Auftritt bei den G-7. Er beendet Sätze nicht, irrt orientierungslos umher und muss von seinen Leibwächtern „eingefangen“ werden.
Biden gilt in Washington längst als Präsident ohne eigenen Willen. Sein Stab – so hören wir in Washington – gibt ihm den Handlungsrahmen und die politischen Zielsetzungen vor. Maßgeblich sind sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan, John Kerry als Sonderbeauftragter für Klimaschutz und natürlich Bidens Vertrauter, der Jurist Ron Klain als Stabschef im Weißen Haus. Wichtige Figuren sind außerdem Außenminister Antony Blinken, ein Pro-Europäer und entschiedener Befürworter des Multilateralismus; Finanzministerin und Ex-Zentralbankchefin Janet Yellen, die aus dem Schatzamt inzwischen die Notenbankpolitik mitbestimmt und der Minister für Heimatschutz, Alejandro Mayorkas.
Bidens Influencer
Daneben gelten Bidens Ehefrau Jill sowie Vizepräsidentin Kamal Harris als wichtigste „Influencer“ des Präsidenten. Harris könnte Biden denn auch 2023 an der Spitze des Staates ablösen. Sie gilt als politisch sehr viel weiter links stehend als der gemäßigte Biden, der vor allem wegen dieser Haltung viele republikanische Wähler, die von Trumps Stil angewidert waren, an sich binden konnte.
Inzwischen wächst der politische Frust in weiten Teilen der Bevölkerung. So unmöglich sich Donald Trump meist geäußert und verhalten hat – seine Politik war in weiten Teilen sehr erfolgreich: Vor Covid führte die Politik von Trump zu einem beispiellosem, wirtschaftlichen Wohlstand, wenn auch auf Pump. 3,5% Arbeitslosigkeit im September 2019 war die niedrigste Quote seit 50 Jahren in den USA. Davon profitierten insbesondere auch Afroamerikaner, Hispanics, Asiaten, Natives, Veteranen, Behinderte – also Bevölkerungsgruppen, die es auf dem US-Arbeitsmarkt oftmals schwerer haben als Weiße. Die Arbeitslosigkeit bei Menschen ohne Highschool-Abschluss hatte sich halbiert. Das Nettovermögen amerikanischer Haushalte nicht zuletzt wegen des Börsenbooms um 40% gestiegen, die Löhne in Trumps Amtszeit um 16%.
Steuererleichterungen für Mittelschicht unter Trump
Der tax cuts and jobs act von 2017 hatte gerade für die Mittelschicht mit 75.000 USD Jahres-Familieneinkommen enorme Effekte. Ihre Steuerlast wurde beinahe halbiert. Das schafft in den USA sofort Wohlstandszuwächse, da – anders als in Deutschland – der Staat nicht in gleicher Weise versteckte Steuern (Abgaben) erhebt, die die Nettoeinkommen schmälern. In der Mitte des Landes war damit ein hoher Lebensstandard möglich. Auch die Mauer an der Südgrenze des Landes hatte aus Sicht vieler Amerikaner positive Effekte: der Drogen- und Menschenhandel ging zurück, der unter Biden/Harris gerade wieder exponentiell zulegt. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte ist seit dem Amtswechsel um 4.000% angestiegen.
So gefeiert Joe Biden in Europa auch ist, in den USA ist das Meinungsklima deutlich skeptischer. Die geplanten Steuererhöhungen auf Einkommen treffen insbesondere auch die gebildeten Schichten in den Küstenstädten, Bidens zentrale Wählerschaft. Dort ist das Leben teuer und auch mit einem Jahreseinkommen von 400.000 Dollar lebt man nicht in Saus und Braus, wenn bereits der Privatschulbesuch für die Kinder jeweils 70.000 Dollar p.a. kostet. Und öffentliche Schulen sind gerade für diese Schichten ein no go. Die geplanten ESt-Erhöhungen würden gerade diese Schicht treffen.
Ausgabenpakete als Inflationstreiber
Auch die geplante Anhebung der Unternehmensteuern bliebe nicht ohne Auswirkungen auf weite Bevölkerungsteile. Die großzügigen tax cuts von Trump hatten auch zu Sonderversicherungsleistungen insbesondere in der Krankenversicherung durch die Unternehmen geführt, die dann wieder gestrichen werden dürften.
Biden riesiges Ausgabenpaket treibt die Inflation auf 5%. Es hat in großen Teilen weniger investiven als konsumtiven Charakter (Unterstützung der Arbeitslosenversicherung auf europäisches Niveau, kostenfreier Universitätszugang, massive Subventionen für E-Autos und Solarpanels). Die Amerikaner merken das jetzt schon im täglichen Leben: vor allem bei der Autofahrt – der Preis für die Gallone Sprit hat sich von 2 auf 5 Dollar mehr als verdoppelt – beim Lebensmittel-Einkauf im Supermarkt, bei den Baukosten – gerade in USA wird im Bau sehr viel Holz verwendet, das im Preis enorm gestiegen ist. Die in der Pandemie initiierten hohen Unterstützungsleistungen von 3.000 Dollar im Monat zuzüglich Krankenversicherung trocknen den Arbeitsmarkt aus und treiben die Löhne. Für viele schlecht ausgebildete Amerikaner lohnt es sich nicht, einen Job anzutreten. Es gibt kaum noch Uber-Fahrer, im Dienstleistungsbereich werden Hilfsjobs inzwischen für 25 bis 35 Dollar Stundenlohn ausgeschrieben.
Unruhige innenpolitische Lage
Auch innenpolitisch ist die Lage unruhig. Die Black Lives Matter-Bewegung hat zusammen mit der gewaltbereiten Linken ein Klima der Angst in vielen Städten hervorgerufen. Die Demos nach der Tötung des Schwarzen George Floyd durch einen weißen Polizisten verliefen selten friedlich. Meist kam es zu Gewaltausschreitungen und vor allem erheblichem Sachschaden und Plünderungszügen. Viele Polizisten haben seit dem Verfahren gegen den inzwischen verurteilten Kollegen Derek Chauvin den Dienst quittiert. Sie fürchten, bei kleinsten Fehltritten massiv zur Rechenschaft gezogen, sie und ihre persönlich Familien bedroht zu werden. Die Mordrate ist seitdem deutlich angestiegen, das öffentliche Sicherheitsgefühl in den Städten sinkt beständig – was mit dem enormen Anstieg an Waffenkäufen korrespondiert. Dabei herrscht auch beim Thema Polizeigewalt gegen Schwarze ein verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit: Nach den jüngsten Statistiken wurden 457 Weiße von der Polizei getötet, 241 Schwarze und 169 Latinos. Bei Gewalttaten liegen Schwarze mit 55,9% „vorn“, bei 13% Bevölkerungsanteil. Der Großteil der Taten (57%) richtet sich gegen andere Schwarze.In der Einwanderungspolitik haben Biden/Harris kapituliert. Sie hatten noch im Wahlkampf dazu aufgerufen, dass Einwanderungswillige kommen sollten. Danach wurde die USA überrannt und Harris musste bei ihrer jüngsten Lateinamerika-Reise davor warnen, in die USA einreisen zu wollen: „Kommt nicht hierher“, sagte sie in Guatemala. Wer an die Grenze komme, werde zurückgewiesen.
Fazit: Inzwischen rechnen sich die Republikaner bereits wieder aus, bei den Midterms eine Blockademehrheit im US-Kongress zu erringen. Die demokratische US-Regierung hätte demnach noch gut eineinhalb Jahre Zeit, Gesetze durchzubringen.