Finanzmarktstabilität oder Inflationsbekämpfung?
Der Crash der Silicon Valley Bank in den USA bringt die Notenbanken unter akuten Druck. Sie müssen jetzt ziemlich zügig einen scharfen Zielkonflikt lösen. Die Kernfrage lautet: Finanzmarktstabilität oder Inflationsbekämpfung? Von der Antwort hängt die weitere Kursentwicklung an den Börsen ab. FUCHS-Kapital hat ein klares Szenario vor Augen.
An den Börsen steppt jetzt der Bär. Die Aktienkurse sind im Zuge der Turbulenzen um die SVB in den USA unter Druck geraten. Das parallele Straucheln der Credit Suisse hat die Nervosität der Anleger nur weiter erhöht. Der Dow steht kräftig unter Druck und ist durch seine Unterstützung bei 32.700 Punkten gefallen. Der DAX ist ebenfalls nach unten gerutscht, hält sich gegenüber der US-Börse aber noch wacker.
Besonders stark unter Druck stehen im aktuellen Umfeld natürlich Bank-Aktien. Die Aktienkurse der Geldhäuser haben kräftig Federn gelassen. Teilweise fielen sie zwischen 20% und 30%. Die Sorge vor einem Übergreifen der Probleme im US-Bankensektor haben zu einer Flucht aus Bank-Aktien geführt. Parallel dazu zeigt sich an den steigenden Notierungen von Gold, Silber und Bitcoin eine Flucht in Sicherheit.
Banken-Crash erzwingt Nachjustierung in der Geldpolitik
Akut unter Druck kommen die Notenbanken durch den SVB-Crash. Denn sie werden ihren Zinserhöhungspfad angesichts der Bank-Probleme überdenken. Schließlich wurde der Crash der auf Startups spezialisierten US-Bank durch Kursverluste bei Staatsanleihen ausgelöst. Die waren durch die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank verursacht worden.
In den Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks wird nun die Diskussion aufbrechen, auf welches Ziel die weitere Geldpolitik ausgerichtet werden soll. Im Kern geht es um die Frage: Kurzfristige Finanzmarktstabilität oder mittel- und langfristige Inflationsbekämpfung? Für die Geldhüter ist das ein bitteres Dilemma. Denn beide Ziele sind wichtig, stehen aber in einem scharfen Zielkonflikt.
Wann drehen die Notenbanken bei?
Darum schießen an den Märkten schon die Spekulationen ins Kraut, dass die Notenbanken jetzt den Zinserhöhungskurs verlassen könnten. Daran glauben wir nicht. Würden sie die Zinserhöhungen sofort stoppen oder das Zinsruder gar hart herumreißen, dürfte das für die Finanzmärkte eher ein Panik-Signal sein. Darum ist eher wahrscheinlich, dass die Notenbanken zunächst an ihrem Kurs festhalten, aber ankündigen werden, ihren Kurs "wenn nötig" zu ändern. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist bereits auf diese Argumentationslinie eingeschwenkt. Die EZB hat den Leitzins um 50 Basispunkte auf 3,5% erhöht. Die Fed wird nächste Woche den aktuellen Leitzins von 4,75% ebenfalls anheben.
Für Anleger leitet sich daraus ein plausibles Szenario ab. Die Notenbanken werden gezwungen sein, kurzfristige Finanzstabilität höher zu gewichten als mittelfristige Inflationsbekämpfung. Darum werden die Geldhüter den angekündigten steilen Zinspfad verlassen. Wenn das Zinsniveau langsamer (oder gar nicht mehr) steigt, wird das die ohnehin robuste Konjunktur eher weiter stimulieren, zumal die Zinsen noch nicht restriktiv sind. Die Inflation wird darum nicht gebremst werden und könnte wegen des engen Arbeitsmarktes, der Zweitrundeneffekte und hoher Nachfrage sogar neue Kraft entwickeln.
Fazit: In der akuten Krise ist Cash King. Das Banken-Chaos wird die Notenbanken ausbremsen. Wir bekommen eine neue Zinsperspektive, die durch das Ziel der Finanzmarktstabilität erzwungen wird. Das Szenario spricht perspektivisch für steigende Aktienkurse, insbesondere bei Inflations-Gewinnern (FK vom 01.10.21.), bei Gold, Silber und Kryptowährungen. Wir warten die akuten Turbulenzen noch etwas ab, werden dann aber mit unserem hohen Cash-Bestand einkaufen.