Index 2010 = 100, Quellen: BIS, EZB.
Der Euro ist nicht so stark, wie vielfach behauptet wird. Insbesondere Frankreichs neuer Ministerpräsident Manuel Valls drängt die EZB mit dieser Begründung ganz offen, aggressiver gegen den aus seiner Sicht zu hohen Eurokurs vorzugehen. Er bezieht sich dabei ganz wesentlich auf das Tauschverhältnis Euro zu US-Dollar. Doch springt er damit zu kurz.
Die Betrachtung der sogenannten „nominalen effektiven Wechselkurse“ der wichtigsten Währungen zeigt das korrekte Bild. Diese Methode setzt den Wechselkurs einer Währung in Relation zu den Währungen der 61 wichtigsten Handelspartner des jeweiligen Landes oder – wie im Fall der Eurozone – Währungsraumes. Sie zeigt also aussagekräftig die Auswirkungen auf die Realwirtschaft an.
Danach hat der Euro handelsgewichtet in den letzten zwei Jahren deutlich weniger an Wert gewonnen, als es der EUR/USD-Kurs suggeriert. Seit dem Höhepunkt der Eurokrise im Sommer 2012 legte die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar um mehr als 15% zu. Handelsgewichtet sind es aber nur knapp 9%. Für einzelne Eurostaaten fällt die Aufwertung noch deutlich geringer aus: Deutschland musste in den letzten zwei Jahren eine Aufwertung in Relation zu seinen wichtigsten Handelspartnern von 3,9% verkraften. Für Frankreich, Italien und Spanien waren es unter 3%.
Auch die vielfach beschworene „Dollar-Schwäche“ ist bei der Handelsgewichtung nicht sichtbar. Vielmehr ist der Greenback von allen großen Währungen die stabilste. Das Britische Pfund hat nach einer Talfahrt im letzten Jahr ebenfalls wieder ungefähr das Niveau von 2012 erreicht. Kräftige Aufwertungen mussten in den letzten 24 Monaten neben dem Euro handelsgewichtet nur der Schweizer Franken und der chinesische Renminbi ertragen. Der Euro kommt dagegen von einem deutlich niedrigeren – „exportfördernden“ – Niveau.
Die dramatische Abwertung des Yens, die sich auch im handelsgewichteten Wechselkurs widerspiegelt, hat Japan kaum etwas gebracht. Zwar konnte Nippons Notenbank die Exporte deutlich ankurbeln – die monatliche japanische Handelsbilanz liegt dennoch seit mittlerweile zwei Jahren im negativen Bereich.
Fazit: Die Betrachtung der effektiven Wechselkurse relativiert die angebliche „Euro-Stärke“. Hier wird deutlich, dass eine aggressivere EZB-Wechselkurspolitik mehr Präventivschlag als Selbstverteidigung wäre. Dabei sollte zudem berücksichtigt werden, dass die Erfolgsaussichten einer solchen Devisenmarkt-Intervention gegen die eigene Währung ohnehin kein Allheilmittel sind, wie Japan momentan eindrucksvoll demonstriert.