Inflation: Es sind die Löhne, Dummkopf
Die Reaktionen auf die jüngste starke Entwicklung der US-Arbeitsmarktzahlen haben einen nachvollziehbaren Hintergrund. Sie lassen bei der Fed die Alarmsignale angehen. Denn ein robuster Arbeitsmarkt wirkt sich unmittelbar auf die Lohnentwicklung in USA aus. Und die Löhne haben wiederum den stärksten Einfluss auf die Prognose Modelle der Fed. Das hat vor Kurzem ein Arbeitspapier der Fed Cleveland „Forecasting Core Inflation and ist Goods, Housing, and Supercore Components“ zutage gefördert.
Wichtigste Erkenntnis der Studie: Laut Modellrechnung muss bei den Güterpreisen und der Kernteuerung ein Preisrückgang (Deflation) zu verzeichnen sein, damit die Inflationsrate bis Ende 2026 die angestrebten 2,0% erreichen kann. Darauf hat wiederum die Lohnentwicklung den stärksten Einfluss. Die Lohnsteigerungen müssen demnach bis 2026 auf 3% gedrückt werden, damit die Prognosemodelle der Fed Entwarnung zeigen. Das wird aber nur bei einem gemäßigten Wirtschaftswachstum und einem entspannten Arbeitsmarkt passieren.
Vorhersagekraft von Komponenten untersucht
Die Studie hat die Vorhersagekraft und die Implikationen der neuerdings beliebten Aufteilung der Kerninflation in drei Komponenten untersucht: Güter ohne Nahrungsmittel und Energie, Dienstleistungen ohne Energie und Wohnen sowie Wohnen selbst. Eine umfassende historische Bewertung der Genauigkeit von Punkt- und Dichteprognosen aus verschiedenen Modellen und Ansätzen ergab, dass ein BVAR (Bayesianischer Vektorautoregression) mit stochastischer Volatilität in der aggregierten Kerninflation, ihren drei Komponenten und dem Lohnwachstum ein wirksames Instrument zur Vorhersage sowohl der Komponenten der Inflation als auch der aggregierten Kerninflation ist. Ein BVAR (Bayesianischer Vektorautoregression) mit stochastischer Volatilität in der aggregierten Kerninflation ist ein fortgeschrittenes statistisches Werkzeug, das Ökonomen und Analysten dabei hilft, die Zukunft der Wirtschaft zu prognostizieren, insbesondere die Entwicklung der Inflation.
"BVAR" steht dabei für eine Methode, die historische Daten verwendet, um Beziehungen zwischen verschiedenen wirtschaftlichen Faktoren (wie z.B. Löhnen, Preisen von Gütern und Dienstleistungen) zu erkennen. Diese Methode nimmt an, dass das, was in der Vergangenheit passiert ist, dabei hilft, zukünftige Trends vorherzusagen. Der "Bayesianische" Teil bedeutet, dass diese Methode auch berücksichtigt, wie sicher man sich bei diesen Vorhersagen sein kann, basierend auf früheren Erfahrungen und aktuellen Informationen. "Stochastische Volatilität" bezieht sich darauf, dass die Methode anerkennt, dass die Schwankungen in den Preisen (also wie stark sie steigen oder fallen) nicht immer gleich sind und von vielen unsicheren Faktoren beeinflusst werden können. Das macht die Vorhersagen realistischer.
Basis-Projektion geht von 2,6% im Jahr 2026 aus
Insgesamt hilft dieses komplexe Modell, eine fundiertere Vorstellung davon zu bekommen, wie sich die Inflation, also die allgemeine Preissteigerung, über die Zeit hinweg entwickeln könnte, indem es eine sehr detaillierte und angepasste Analyse der wirtschaftlichen Bedingungen bietet. Die Baseline-Projektion des Modells prognostiziert eine Kerninflation von 2,6% im Jahr 2026. Das ist deutlich unter ihrem Niveau von 2023, aber immer noch über dem 2-Prozent-Ziel der US-Notenbank Federal Reserve.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kerninflation auf 2% oder weniger zurückgeht, ist deutlich höher, wenn sie auf einer Verlangsamung der Inflation bei Gütern oder bei Dienstleistungen ohne Wohnen auf das Niveau vor der Pandemie basiert, als wenn sie auf dem Verbleiben dieser Komponenten über denselben Schwellenwerten basiert. Eine Szenarioanalyse deutet darauf hin, dass ein langsamerer Lohnwachstum wahrscheinlich mit einer reduzierten Inflation in allen drei Komponenten verbunden sein wird, insbesondere bei Gütern und Dienstleistungen ohne Wohnen. (Nur) das wird dazu beitragen, die Kerninflation bis 2026 nahe an das 2-Prozent-Ziel zu bringen. Das geflügelte Wort von Ex-Präsident Bill Clinton „It’s the economy, stupid“ muss also mit Blick auf die Inflation abgewandelt werden: “Es sind die Löhne, Dummkopf“.