Die Juso-Fraktion zieht ein
Kevin Kühnert und "seine" Jusos bekommen im Falle einer SPD-geführten Regierung eine strategisch bedeutsame Veto-Macht im Parlament. Nach aktuellen Hochrechnungen ist absehbar, dass 30 bis 50 Jungsozialisten der künftigen SPD-Fraktion angehören werden.
Die jungen Sozialdemokraten stehen programmatisch viel weiter links als ihr Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Sie fordern u.a. einen bundesweiten Mietenstopp, die Abschaffung der Schuldenbremse, einen leichteren Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft oder die Begrenzung von Managergehältern. Die derzeitige Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal (SPD-Direktkandidatin Wahlkreis Bonn) wirbt für ein R2G-Bündnis. Ex-Juso-Chef Kevin Kühnert ist zudem Mitglied im SPD-Parteivorstand und die Schlüsselfigur hinter der Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans an die SPD-Parteispitze.
Jusos als Groko-Verhinderer
Der durch Überhangmandate aufgeblähte Bundestag wird in der kommenden Legislatur voraussichtlich 823 Mandatsträger beinhalten (Mehrheit bei 412). R2G käme momentan auf 427 Sitze, eine Koalition aus CDU/CSU und SPD auf 421 Sitze. Rot-Grün hätte keine Mehrheit. Außer in einer Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP (473 Sitze) hätten die Jusos also in den SPD-Koalitionen eine Blockademehrheit. Eine erneute GroKo könnte von den Jusos im Parlament verhindert werden.
Sollte die SPD nach der Wahl den Kanzler stellen, sind die Ampel und R2G die wahrscheinlichsten Machtoptionen. Im Fall des breiten Links-Bündnisses wäre Scholz ein moderat-linker Kanzler ohne Hausmacht im Parlament. Programmatisch noch unausgeglichener wäre das Verhältnis in einer Ampelkoalition.
Wer führt die Fraktion an?
Offen ist noch, wer die SPD-Bundestagsfraktion künftig anführen wird. Der amtierende farblose Oppositionsführer Rolf Mützenich wird voraussichtlich ins Verteidigungsressort wechseln. Kevin Kühnert wird seinen Platz als scharfzüngiger Debattenredner im Parlament suchen. Ob Kühnert nach dem Fraktionsvorsitz greifen wird, bleibt abzuwarten. Bisher übernahm er nur Verantwortung, wenn er sich einer Hausmacht sicher sein konnte. Das dürfte bei einer absehbar links-dominierten SPD-Fraktion der Fall sein.
Fazit: Die SPD mag derzeit geschlossen und geeint den Wahlkampf bestreiten. Doch nach dem 26.9. dürfte Olaf Scholz (in alter SPD-Kanzler-Tradition) aus den eigenen Reihen massiv unter Druck gesetzt zu werden.