Giorgia Meloni ist die rechte Schlüsselfigur in Europa
In Deutschland tobt eine heftige Debatte um die Brandmauer der Union zur AfD, in Europa sind dagegen ganz andere Töne zu hören. Hintergrund: Ursula von der Leyen (CDU) könnte bei der anstehenden Wahl zur EU-Kommissionspräsidenten auf die Stimmen der italienischen Rechtsaußen angewiesen sein.
Noch hätte die „Von-der-Leyen-Koalition“ (Konservative, Sozialdemokraten, Liberale) eine Mehrheit. Die deutsche Kommissionspräsidentin kann sich darauf aber nicht verlassen. Denn einerseits rutschen die Fraktionen in Umfragen weiter ab. Zudem steht nicht fest, ob die „ewige große Koalition“ im EU-Parlament auch 2024 erneut zusammenfindet. Und falls doch, rechnen Beobachter mit vielen Abweichlern.
Meloni kann auf einen doppelten Triumpf hoffen
Giorgia Meloni hat darum eine Schlüsselrolle. Die Ministerpräsidentin Italiens und Vorsitzende der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia könnte die „Königinnenmacherin“ werden. Im Gegenzug dafür könnte sie Lockerungen bei den EU-Fiskalregeln oder ein härteres Vorgehen in der europäischen Flüchtlingspolitik fordern. Auch an mehr Zeit, um die Corona-Hilfen auszugeben, hat sie ein hohes Interesse für Italien.
Parallel dazu würde Meloni dann vermutlich zur Anführerin der Rechten in Europa aufsteigen. Die Italienerin könnte die zuletzt still gewordene Französin Marine Le Pen ablösen. Die arbeitet daran, Präsident Emmanuel Macron 2027 zu beerben. Anders als Le Pen ist Meloni auch bereits in politischer Verantwortung – und das erfolgreich. Die stabilen Zustimmungswerte (30%) liegen sogar noch über ihrem Wahlergebnis (26%). Nach dem Tod Silvio Berlusconis und dem sich abzeichnenden Niedergang seiner Forza Italia könnten ihr weitere Stimmen zufliegen. Herbe Einschnitte in die Sozialhilfe, der Mittelmeer-Migrationsgipfel (unter Ausschluss Frankreichs), der Ausstieg aus der Neuen Seidenstraße und der warme Empfang jüngst in Washington sind aktuelle Machtdemonstrationen.
Kooperative Zusammenarbeit in Europa
Zudem arbeitet Meloni auf vielen Feldern kooperativ mit der EU zusammen (z.B. Ukraine, Migration). Dem Vernehmen nach verstehen sich Meloni und von der Leyen auch auf persönlicher Ebene gut. Auch mit Berlin ist der Ton freundlich. Der Anfangsschrecken vor der rechten Italienerin ist verflogen.