Gut getimte Regierungskrise
Hinter der Krise in Rom könnte auch knallhartes Kalkül stecken. Mario Draghi ist schließlich nicht irgendwer. Der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi weiß genau, wie die EZB "tickt". Und er weiß auch, dass insbesondere Italien ein gravierendes Haushalts-Problem mit steigenden Zinsen hat. Mit der Regierungskrise in Rom macht er - im Timing perfekt - erheblichen Druck auf die EZB.
Rom zwingt die EZB zur Positionierung
Italien "droht" Europa und den Euro-Geldhütern mit Finanz-Chaos und beeinflusst so den Zinsentscheid und - noch wichtiger - das von der EZB neu aufzulegende "Anti-Fragmentierungsprogramm". Das soll dazu dienen, den erheblichen Zinsanstieg insbesondere der hoch verschuldeten Südländer abzufedern. Das Risiko aus Rom kann die EZB jedenfalls nicht unberücksichtigt lassen.
Draghi bleibt damit seiner Linie treu. Er war es, der als EZB-Chef das Anleihekaufprogramm durchgeboxt hat ("whatever it takes"). Schon das stellt aus Sicht der Kritiker eine verdeckte Staatsfinanzierung dar, die das Mandat der EZB verletzt. Die neuen Anti-Fragmentierung-Anleihen, die bestimmte Länder bevorzugen, um den Zins-Spread innerhalb der Euro-Länder zu verringern, sind nun eine Weiterführung dieser Politik und ein nächster Schritt in Richtung Schuldenunion (FD vom 16.07.2021). Kippt die EZB jetzt auch noch den quotalen Ankauf von Staatsanleihen entsprechend der jeweiligen Länderanteile, verlässt sie endgültig den Rahmen ihres Mandats und wird vertragsbrüchig.