Brexit-Party und Konjunktur-Kater
Der DAX feiert eine Brexit-Party. Parallel zum Deal zwischen der EU und UK markiert der Index ein neues Jahreshoch. Einem Anlauf auf das Allzeithoch bei 13.559 Punkten von Anfang 2018 steht technisch nun nichts im Wege. Auch der Dow Jones zieht weiter nach oben, hat sein Allzeithoch aber noch nicht wieder erreicht.
Ohnehin feiern die Aktienmärkte gerade das „Ende alles Bösen". Der harte Brexit ist vom Tisch. Im Handelsstreit zwischen den USA und China wird täglich der große Durchbruch herbeigetwittert. Auch der heiße Krieg zwischen dem Nato-Mitglied Türkei und Syrien, mit einer Beteiligung russischer Truppen, lässt die Börsen erstaunlich kalt. Wir reiben uns darüber ein wenig die Augen.
Sind denn alle verrückt geworden?
Völlig ausgeblendet werden auch die aktuellen Konjunkturzahlen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft für 2019 und 2020 gesenkt. Das aktuelle Beige Book der Fed zeigt an, dass etliche US-Unternehmen ihre Wachstumsprognosen senken. In China verdichten sich die Anzeichen einer konjunkturellen Abkühlung. Die geht aber längst nicht nur auf die Strafzölle zurück, sondern vor allem auf strukturelle Probleme.
In dem Zusammenhang lässt es uns aufhorchen, dass das Reich der Mitte die Subventionen für Elektroautos halbiert hat. Bis 2020 sollen sie komplett auslaufen. Der Markt hat prompt und heftig reagiert. Um 34% brachen die Verkäufe gegenüber dem Vormonat ein. Gehypte Unternehmen wie Tesla oder Nio spüren das direkt und rauschen in heftige Probleme, da ihre Produkte ohne die satten Subventionen nicht wettbewerbsfähig sind. Die Nio-Aktie hat bereits 80% ihres Wertes verloren. Dies zeigt, wie heftig Marktreaktionen sein können, wenn künstliche Impulse wegfallen, die für ein System „lebenswichtig" geworden sind.
Öl wird immer günstiger
Der Ölpreis unterstreicht unsere Konjunkturskepsis. Öl der Sorte WTI hält sich mit Mühe über der schon preiswerten Marke von 52 US-Dollar je Fass. Brent-Öl notiert unter 60 US-Dollar je Fass. Das spricht – auch angesichts des türkischen Syrien-Krieges – für ein massives Überangebot von Öl. Da die Produktion aber relativ konstant ist, deutet diese Entwicklung auf eine andauernde Nachfrageschwäche hin.
Die akuten Spannungen zwischen fundamentaler und Finanzmarkt-Entwicklung nehmen also noch zu (FK vom 2.10.). Die Börsen preisen gerade einen extrem kräftigen Konjunkturaufschwung innerhalb der nächsten 6 bis 9 Monate ein. Wir können diesen noch nicht erkennen. Ob die Strafzölle in Kürze wegfallen, steht noch in den Sternen. Aus unserer konjunkturellen Perspektive sind die Börsen darum weiter zu teuer. Allerdings sind sie wegen der Notenbank-Politik auch alternativlos.
Fazit: Aufgrund fehlender guter Alternativen in anderen Anlageklassen und dem sicheren Wertverlust von Geld sollte die Aktienquote sukzessive hochgefahren werden. Dabei sollten sich Anleger aber die Schwankungen der Märkte zunutze machen und an Verlaufstiefs der Indizes in der Nähe der langfristigen Trends kaufen. Angesichts der Konjunktur-Lage sind tiefe Kurstaucher dahin schnell möglich.