Die Notenbanken müssen schneller rauf
Die Aktienmärkte haben sich vor den neuen US-Inflationsdaten erschrocken. Flott zogen sich die Anleger aus Aktien zurück und beendeten die jüngste Bärenmarktrallye. Dabei haben sie einen neuen, wieder tiefer liegenden Hochpunkt im Kursverlauf hinterlassen. Der Bärenmarkt verfestigt sich somit strukturell.
Die Kurse an den Aktienbörsen haben die nächste Inflations-Implosion erlebt. Ausgelöst wurde sie von den jüngsten US-Preisdaten. Die waren mit 8,3% für den August zwar niedriger als zuvor (8,5%). Aber der Rückgang war eben auch viel geringer als von den meisten Marktteilnehmern erwartet.
Angesichts der neuen Daten zu den Preissteigerungen schwant den Anlegern jetzt, dass das Bremsmanöver für die Inflation doch deutlich länger dauern könnte - zumindest im Vergleich zu den Hoffnungen vieler Investoren. Die Inflation ist eben ein Supertanker, der - einmal in Fahrt - erheblichen Schub und Eigendynamik entwickelt. Das bekommt auch Europa schon zu spüren. In UK ist die Inflation auf 9,9% gestiegen. In der Eurozone legte sie auf den Rekord von 9,1% zu, in Deutschland auf 7,9% im August (7,5% im Juli). Hier treiben die Energie- und Nahrungsmittelpreise von viel stärker als in den USA.
Zins-Erkenntnis mit Schrecken
Mit einem Schlag wurde den Markteilnehmern nach den US-Daten auch klar, dass die Fed eine weitere Zinserhöhung um 75 Basispunkte wird vornehmen müssen. Und auch, dass das noch nicht das Ende gewesen sein wird. Die Anleihemärkte signalisieren das klar. Die kurzfristigen Zinsen legten in den USA weiter auf 3,83% zu. Am langen Ende ging es auf 3,45% hinauf. Die Zinsstruktur bleibt damit invers. Die Rezessions-Signale am US-Anleihemarkt verdichten sich. Behalten Sie in Erinnerung: Der Bondmarkt ist im Vergleich zum Aktienmarkt meist der bessere Konjunkturindikator und zeigt das wahre Geschehen früher an.
In Europa liegt der Zins (2 Jahre) bei 1,44%, für 10 Jahre bei 1,73%. Das ist aber kein Grund zur Rezessions-Entwarnung. Denn Europa läuft den USA bei den Zinsen hinterher. Die EZB hat gerade erst mit größeren Sprüngen begonnen. Weitere werden folgen, die kurzfristigen Zinsen daher steil anziehen und die Renditen bald überholen (FD vom 2.9.).
Fed muss schnell weiter rauf
Die Perspektive einer weiterhin forschen Fed hat auch den Goldpreis wieder gedrückt. Gold notiert wieder unter 1.700 US-Dollar je Feinunze. Der Zinsdruck dürfte noch weiter anhalten. Interessant ist der Blick auf den Silberpreis. Der ist im Gegensatz zu Gold nicht mehr weiter gefallen, sondern schiebt sich sogar sanft nach oben. Die Besonderheit von Silber, dass es auch für die Industrie benötigt wird, scheint den Preis zu stabilisieren. Wir halten Silber sogar für aussichtsreicher als Gold, das das Edelmetall ein Profiteur der Energiewende ist. Diese sorgt für eine strukturelle Industrie-Nachfrage nach Silber. Gold und Silber gehören für uns zudem grundsätzlich als Absicherung in ein Portfolio und sollten sukzessive eingesammelt werden.
Die US-Inflationsdaten haben auch eine Bauchlandung des Euro verursacht. Der hatte sich nach dem großen EZB-Schritt über die Parität berappelt. Nun ist dem Forex-Markt aber abrupt klargeworden, dass die EZB auf der Zinsseite gegenüber der Fed nicht so schnell aufholen wird. Darum wurde der Euro sofort wieder unter die Parität geprügelt. Der EZB bleibt somit das Problem der "importierten Inflation" aufgrund des schwachen Euro erhalten.
Fazit: Die Börsen haben den nächsten Inflations-Schock verarbeitet. Der Abverkauf war brutal. Dennoch zeigen sich zaghafte Stabilisierungstendenzen im DAX bei 13.000 Punkten, im Dow bei 31.000 Zählern. Halten diese Marken schon, wird es einen neuen Rallye-Ansatz nach oben geben. Taktisches Ziel: 13.500 im DAX, 33.000 im Dow. Dort verlaufen die fallenden Tiefs des aktuellen Abwärtstrends. Neue Käufe erst nahe der Verlaufstiefs im DAX bei 12.700 und im Dow bei 29.900 Punkten.