Auch im Währungsgeschehen ist alles relativ
Der Euro profitiert – zunächst einmal gegenüber dem US-Dollar – weiter vom moderaten Ton, den Fed-Chef Jerome Powell in den vergangenen Wochen eingeschlagen hat. Die Zinskluft zwischen USA und Europa sollte sich zumindest nicht mehr erweitern. Das schmälert die Attraktivität des Dollar als Geldhort. Und das, obwohl aus der EZB weiterhin keine klaren Signale zu vernehmen sind. So ließen die sehr guten Arbeitsmarkten – 263.000 neugeschaffene Stellen im November – die Märkte kalt. Der US-Dienstleistungssektor läuft gut (ISM-Dienstleistungsindex bei 56,5 im expansiven Bereich). Die Löhne steigen weiter und lindern den Kaufkraftrückgang der Verbraucher. Das nährt die Hoffnungen auf eine nur milde Rezession in USA.
Die Notenbanken stecken bereits im Dilemma zwischen erwartbarer deutlicher Konjunkturabschwächung und nach wie vor viel zu hohen Inflationsraten. Das nagelt sie geldpolitisch fest – die EZB mehr als die Fed. Die Markterwartungen gehen in Richtung Abschwächung der US-Renditen bis Jahresende. Die globale Aktivität wird sich abschwächen. Und das wird den Renditevorteil des Dollar weiter verringern. Die wichtigste Reservewährung der Welt dürfte sich perspektivisch wieder stärker an ihrem fairen Wert ausrichten, solange kein neuer externer Schock eine Flucht in den sicheren Hafen auslöst.
Inflationsdruck im Euroraum gelindert
Für den Euro spricht derzeit die rückläufige Gasnachfrage in Europa – das lindert den Inflationsdruck. Zugleich geben die recht gut gefüllten Auftragsbücher der deutschen Industrie (bei volatiler en Auftragseingängen) zumindest für die kommenden Monate einen gewissen Konjunktur-Puffer, der sich auch positiv auf den Euro auswirkt. Die Aussichten im China-Geschäft hellen sich mit der Lockerung der Null-Covid-Politik dort auf.
Was den Euro bremst, sind die unsicheren Aussichten ab dem 2. Quartal. Es wird – nach einem Rückgang des BIP im ersten Quartal um etwa 1% – einen Aufschwung geben, aber die Meinungen, wie stark der ausfällt, gehen unter den Analysten weit auseinander. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen leiden unter den hohen Energiepreisen. Sie haben auch nicht die Marktmacht, ihre Preise den Inflationsraten anzupassen. Perspektivisch dämpfend werden auch die unsicheren Aussichten für die deutsche Autoindustrie wirken. Der stabile Konjunkturpfeiler ist sanierungsbedürftig. Und sein Fundament ist bröcklig.