Konjunktur real im Aufwind?
Vor allem real, also inflationsbereinigt, stünden die Chancen auf mäßiges Wachstum gut, auch wenn es nominal abwärts gehe.
Schmiedings Argumentation:
Der Zinsgipfel sei fast erreicht. Die Tiefstzinssätze hätten teilweise als Absicherung gegen weitere Abwärtsrisiken in Zeiten von Angebotsschocks gedient. Die Zinsanhebungen mussten keine heiß gelaufene Wirtschaft abkühlen. Denn die Eurozone hatte keinen Boom. Ein Großteil der derzeitigen Zinsverschiebung sei daher als Beendigung nicht mehr benötigter Versicherungen und nicht als echte geldpolitische Straffung anzusehen. Zudem stünden die Auswirkungen der bisherigen Erhöhungen noch aus: Rückgang der Kreditvergabe, mehr Pleiten …
Robuste Inlandsnachfrage
Die Inlandsnachfrage stehe auf festen Beinen. Die Haushalte säßen immer noch auf überschüssigen Ersparnissen im Wert von mehr als 15 % ihres Konsums im Jahr 2022. Die stärkeren Lohnzuwächse würden in einem immer noch robusten Arbeitsmarkt den Preisanstieg bald übertreffen und zu einem Anstieg der real verfügbaren Einkommen führen – wenn auch von einem niedrigen Ausgangsniveau aus. Unternehmen müssten mehr investieren, um Arbeitskräftemangel zu bewältigen, Lieferketten umzustrukturieren und energieeffizienter zu werden.
Auch die Regierungen planten, die Investitionsausgaben zu erhöhen. Die Pandemie mit ihren Lockdowns und Mobilitätseinschränkungen ist vorbei. Dadurch entstehe Nachholbedarf – insbesondere bei Dienstleistungen. Staus in der Lieferkette beeinträchtigten die Produktion nicht mehr. Die Transportkosten hätten sich in etwa normalisiert. Dank Einsparungen und mildem Wetter seien die Gasspeicher gut gefüllt. Ergo blieben die Preise stabil.
Außenhandel mit viel Gegenwind
Im Außenhandel sieht es nicht so gut aus. Gegenwind kommt durch den leichten Rückgang des realen BIP der USA, den (nicht nur) Berenberg im 2. Halbjahr 2023 erwartet. Der Rückenwind durch die Wiedereröffnung Chinas werde nicht ausreichen, um dies auszugleichen. Daher dürfte das verarbeitende Gewerbe in den nächsten Quartalen nur sehr wenig zum europäischen Wachstum beitragen. Hinzu komme eine harte Bremsung beim Wohnungsbau durch die gestiegenen Zinsen und Baupreise.