Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
2859
Großbritannien betreibt ab 2021 wieder eine eigenständige Handelspolitik

London hat aus vier Jahren Trump nichts gelernt

Großbritannien betreibt ab 2021 wieder eine eigenständige Handelspolitik. Copyright: Pexels
Pünktlich zu Silvester werden in Europa die Feuerwerkskörper knallen – und in UK gehen die metaphorischen Lichter aus. Zum Jahresende endet die Brexit-Übergangsphase. Ein Handelsabkommen mit der EU ist nicht in Sicht. London stolpert in die Protektionismus-Falle.

Ab 2021 feiert der Merkantilismus in Europa Wiederauferstehung. Am 1.1. verlieren die Handelsabkommen Großbritanniens mit der EU ihre Gültigkeit. Dann schlägt die Stunde eines neuen britischen Protektionismus.

Manches mit, manches ohne Zoll

Mit den Zöllen will London vor allem die verarbeitende Industrie schützen. Zölle auf Konsumgüter wie Porzellan (12%  des eingeführten Warenwertes), Reinigungsartikel (12%) und Plastik (6%) werden ab Januar den Handel erschweren. Auch über das britische Verkehrswesen hält London schützend die Hand. Es werden Zölle auf Busse (16%), Fahrräder (14%) und Automobile (10%) erhoben. Zahlreiche andere Sektoren der verarbeitenden Industrie schließen sich an.

In kaum einem Sektor steigen die Zölle so sehr wie im Agrarsektor. Auch wenn der Anteil an der Gesamtwirtschaftsleistung UK's nur 0,6% beträgt. Die britischen Bauern waren Nutznießer der EU-Subventionen. Mit dem Wegfall der Unterstützung ist ihre Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr. London reagiert und erhebt Zölle auf z.B. Tabak (70%), Orangensaft (30%), Honig (16%) und Weizensamen zur Aussaat (79 GBP per 1.000 kg). 

Merkantilismus im 21. Jahrhundert

Andere Produkte dürfen hingegen zollfrei eingeführt werden. Dazu zählen pharmazeutische Artikel, Rohstoffe wie Kohle, Erdgas und Wasserstoff oder auch Papiererzeugnisse. Letztendlich kommen hier merkantilistische Prinzipien zum Tragen. Rohstoffe und andere knappe Güter dürfen eingefahren werden, produziert werden soll vor allem im eigenen Land. Der Binnenkonsum soll sich auf einheimische Waren beschränken.

Zombies auf dem Vormarsch

Und das hat auch einen guten Grund: Großbritannien hat ein Zombie-Problem. Die Bank of America schätzt 20% aller UK-Firmen als "Zombies" ein. Sie können ihren Kapitaldienst nicht aus eigener Kraft erbringen. Damit ist das Vereinigte Königreich aktuell für ein Drittel aller Zombies in Europa verantwortlich, darunter u.a. Aston Martin und British Airways. Etwa 50% der britischen Industrie-Unternehmen sind Zombies. Besonders betroffen sind die Sektoren Bau, (Ab)Wasserwirtschaft, Sanierung, Automobil und Müll. London wird versuchen, diese Unternehmen wieder in die Gewinn-Spur zu bringen. Das geht nur über den erschwerten Zugang für ausländische Unternehmen am britischen Markt.

Doch der Schutz der einheimischen Wirtschaft wird so nicht nachhaltig funktionieren. Das Leistungsbilanzdefizit der Briten liegt bei 100 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020. Zum Vergleich: Die USA weisen ein Defizit von 596 Mrd. US-Dollar auf. Deutschland dagegen einen Überschuss 261 Mrd. US-Dollar.

Staatlicher Interventionismus notwendig

Mit den Zöllen will die Johnson-Administration eine ausgeglichene Bilanz erreichen. Ähnlich wie in den USA (vgl. FB 2.11.2020), dürfte aber auch das eine Quadratur des Kreises werden. Gemäß ökonomischer Theorie ist es beinahe ausgeschlossen, dass das Land mit der drittwichtigsten Reservewährung der Welt und einem Leitzins bei 0,1% eine ausgeglichene Leistungsbilanz erwirtschaften kann.

Denn aus den fiskalpolitischen Maßnahmen folgt, dass immer mehr Güter produziert werden und so durch den Ressourcenverbrauch die Importe die Exporte übersteigen. Der Schutz der einheimischen Wirtschaft durch Zölle wird von London – so wie es Washington auch in Amerika tut – nur durch konjunkturstützende Maßnahmen (Steuersenkungen bei gleichzeitiger Erhöhung der Staatsausgaben) zu erreichen sein. Die aber sind immer nur eine begrenzte Zeitlang wirkungsvoll.

Fazit: London steuert schnurstracks auf das viel beschworene böse Brexit-Erwachen zu. Leiden werden britische Unternehmen, deren Zulieferer im Ausland und vor allem die Briten selbst.

Hinweis: Auf der Internetseite der britischen Regierung gibt es eine Übersicht mit Suchfunktion über alle 11.830 Waren, auf die Zölle erhoben wurden. https://www.check-future-uk-trade-tariffs.service.gov.uk/tariff

Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Falsche "Fairsprechen" entlarven

Unis basteln Greenwashing-Indikator

Viele Unternehmen setzen auf Nachhaltigkeit, einige mogeln dabei aber auch. Das nennt sich Greenwashing und ist ein Image-Risiko. In einem Forschungsprojekt soll nun ein Greenwashing-Indikator entwickelt werden.
  • Fuchs plus
  • Doppelter Urlaubsanspruch bei unrechtmäßiger Kündigung?

Bundesarbeitsgericht löst auf

Bei einer zeitlichen Überschneidung einer rechtswidrigen Kündigung mit einer neuen Beschäftigung könnte theoretisch ein doppelter Urlaubsanspruch entstehen. Das Bundesarbeitsgericht musste jetzt entscheiden, wie damit umzugehen ist.
  • Fuchs plus
  • Forschung zur Rückeinspeisung von Strom aus dem E-Auto

Geld verdienen mit dem Strom-Verkauf aus E-Autos?

Können E-Autos das Stromnetz stabilisieren und der gespeicherte Strom vielleicht sogar ertragreich wieder verkauft werden? Diese Fragen werden in einem Forschungsprojekt untersucht.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • Im Fokus: Rendite vom anderen Ende der Welt

Aktien aus Neuseeland

Neuseeland © WaitforLight / stock.adobe.com
Neuseeland liegt am anderen Ende der Welt - und darum selten in den Depots deutscher Anleger. Dabei bieten die Aktien aus dem vielseitigen Land durchaus attraktive Renditen. Nun kommen auch noch Chancen auf Währungsgewinne dazu. FUCHS-Kapital stellt Ihnen aussichtsreiche Aktien mit doppeltem Rendite-Hebel vor.
  • Fuchs plus
  • Bundesfinanzhof urteilte zu verdeckter Gewinnausschütung

Irrtum ist keine vGA

Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) können nur bewusst vollzogen werden, nicht aber durch einen Irrtum entstehen. Das ist die Stoßrichtung des Bundesfinanzhofes. Der musste in einem Fall urteilen, in dem einem Gesellschafter unwissentlich Vorteile gewährt wurden.
  • Fuchs plus
  • Teilentgeltlicher Verkauf von GmbH-Anteilen an Angehörige

Verkauf unter Wert ist steuerlich aufzuteilen

Wer GmbH-Anteile unter seinen Anschaffungskosten verkauft, muss den Verkauf steuerlich betrachtet aufteilen. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden. Das Urteil hat Folgen für Verkäufer, deren Gewinn dadurch höher ausfällt.
Zum Seitenanfang