Das Wunder von Scholz: Ein Plädoyer für die SPD
Sind Sie auch so gespannt auf die Bundestagswahl? Ich bin es, ich bin regelrecht im Wahlfieber. Und das hat einen Grund: the Man, the Myth, the Olaf Scholz. In Umfragen ist er seit Wochen der beliebteste Kandidat und nun hat erstmals seit 15 Jahren die SPD in einer Umfrage wieder die Führung übernommen. Damals war ich acht Jahre alt, ich kann mich kaum noch an Kanzler Gerhard Schröder erinnern. Sie werden verstehen, wie aufregend das für mich ist – eine Mehrheit jenseits der Union … man, man, man …
Olaf Scholz: Irgendwie kernig, halbwegs hemdsärmlich und erfrischend uneuphorisch
Und ich gestehe, ich bin kann mich mit der Vorstellung eines Kanzlers Scholz richtig gut anfreunden. Olaf Scholz steht für alles was ich an der SPD mag: nie so richtig gut gelaunt, keine Zukunftskonzepte (aber das ist natürlich gut so, ich erinnere an Helmut Schmidts „Wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen“) und die Aufgeregtheit eines Fischbrötchens (Scholz kommt aus Hamburg). Als gebürtiger Brandenburger mit Provinzhintergrund spricht mich das mehr an als diese andere Partei für „junge Leute“, die Grünen.
Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass ich mich noch aus einem anderen Grund freue. Ich sage heute frei heraus: Auch ich bin Mitglied der SPD. Irgendwann mit 18 habe ich in einer durchzechten Nacht im Studierendenkeller den Aufnahmeantrag unterzeichnet. Gelockt mit Versprechungen von Solidarität, Gerechtigkeit und klarer Kante gegen die AfD bin ich da hineingerutscht und seitdem Mitglied geblieben. Das war all die Jahre über peinlich – bei Dates habe ich so etwas natürlich nie erwähnt – aber nun ist das vorbei. Und der Grund dafür sind 1,70m geballte Sozialdemokratie: Olaf Scholz (Armin Laschet ist tatsächlich 2cm größer).
Kanzler Armin Laschet verhindern
Ich kann Ihnen genau sagen, warum ich diesmal SPD wähle. Vor ein paar Wochen schrieb mein Kollege Ralf Vielhaber, dass er bei dieser Wahl das kleinste Übel wählen werde, seines Erachtens nach sei das die FDP. Ich verstehe seine Argumentation, komme aber zu einem anderen Schluss. Ich werde SPD wählen, denn ich möchte einen Bundeskanzler Armin Laschet verhindern.
Ich halte eine weitere Regierung unter Führung der Union für einen Irrweg. Über dem Land liegt Mehltau. Der Reformstau ist unübersehbar. Ein außenpolitisch starkes Standing traue ich Laschet ebenfalls nicht zu. Gesellschaftspolitisch wird er niemanden etwas nützen und auch den Klimaschutz wird er nur ausbremsen statt voranzutreiben.
Die anderen sind auch nicht besser
Jetzt werden Sie sagen: Aber Scholz? Ja zugegebenermaßen, ideal ist auch er für all diese aufgezählten Punkte nicht. Aber er ist dafür meines Erachtens der beste Kandidat und allemal besser als Armin Laschet. Und das ist sein entscheidender Trumpf. Sein Wahlprogramm „Irgendwas mit Respekt, Europa und Klima“ überzeugt mich auch mehr als das der Union. Inhaltlich haben aus meiner Sicht die anderen Parteien auch nicht mehr zu bieten.
Ich rechne damit, dass sich im Wahlkampf nun auf Olaf Scholz eingeschossen wird. Monatelang war es still um ihn, alle haben sich an Laschet und Baerbock abgearbeitet. Nun wird wieder das Gespenst von Rot-rot-grün kursieren. Die Gefahr dieses breiten Linksbündnisses sehe ich aber nicht. Ein Kanzler Olaf Scholz passt nicht zur Linkspartei. Eher sehe ich Schnittmengen zu den Grünen und zur FDP. Die Liberalen müssten sich zugegebenermaßen sehr verbiegen in so einer Koalition – gerade in puncto Steuerpolitik. Doch ein Ministeramt ist für einen Christian Lindner sicher reizvoll.
Fazit: Wer FDP wählt wie Ralf Vielhaber, wacht mit Armin Laschet auf. Das möchte ich nicht. Ob die Sozialdemokraten wirklich die Wahl gewinnen, glaube ich erst wenn ich am Wahlabend 18Uhr die ersten Hochrechnungen sehe. Bei den letzten Landtagswahlen wichen Umfragen und Endergebnis bekanntlich stark voneinander ab. Ich halte es aber für ausgeschlossen, dass sich die SPD noch einmal mit der CDU ins Bett legt. Von daher gehen meine Stimmen in diesem Jahr an Olaf Scholz und die SPD.